Märkte

Neue Euro-Perspektiven

am
13. September 2012

Auch wenn das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von den Finanzmarktteilnehmern gestern weithin erwartet worden war, denkt man heute vielerorts über die Krise der Eurozone positiver als zuvor. In Deutschland ,scheint man sogar erleichtert über den Urteilsspruch, der insofern  überrascht haben mag, dass das „Ja“ der Verfassungsrichter zu ESM-Vertrag und Fiskalpakt klarer und die Einwände zu denselben weniger stark als erwartet ausgefallen sind, wenn man die Ergebnisse früherer Karlsruher Urteile zu Europa als Vergleichsmaßstab heranzieht.

 

Euro in günstigerem Licht

In der Wahrnehmung der Marktteilnehmer bedeutet die Ratifizierung von ESM-Vertrag und Fiskalpakt, dass endlich Leben in zwei Schlüsselentscheidungen kommt, die bereits zuvor in zahlreichen EU-Gipfeln und Sitzungen vorbereitet und beschlossen wurden. Wir erinnern uns: Nur allzu oft betrug die Halbwertszeit der Ergebnisse dieser Marathonkonferenzen weniger als einen Tag. Mit der gestrigen Entscheidung ist es den Politikern nunmehr gelungen, den Vorsprung zur EZB in Sachen Krisenlösung zu verringern. Die europäische Zentralbank schien mit der Pressekonferenz vom vergangenen Donnerstag ihrer Zeit etwas voraus gewesen zu sein. Mit anderen Worten: Die Investoren glauben, dass die Lösung der Krise nun endgültig beginnen kann.

 

US-Dollar wird als sicherer Hafen (safe haven) überdacht

Damit dürfte natürlich auch der Safe-Haven-Status des US-Dollar neu überdacht werden. Für die USA erwartet die Mehrheit der Ökonomen heute vom Offenmarktausschuss der US-Notenbank ein weiteres quantitatives Lockerungsprogramm. Wobei es im Ergebnis, wie ein Kommentator äußerte, nicht auf das Ob, sondern auf das Wie dieser Entscheidung ankommt. Und so wundert es auch nicht, dass man sich an der Börse bereits Gedanken macht, wie denn die Aktienmärkte auf eine vom FOMC verursachte, noch so geartete Enttäuschung wohl reagieren würden. Kurzfristig wohl mit Verkäufen. Und wenn die Fed die Erwartungen erfüllt? Nach dem Motto „buy the rumour, sell the fact“ wohl ebenfalls kurzfristig mit Aktienverkäufen.

Nur so kann man das Ergebnis der gestrigen Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt, das mich doch überrascht hat, noch verstehen. Denn eigentlich hätte ich erwartet, dass eine größere Anzahl der unter den mittelfristig orientierten Marktteilnehmern immer noch mehrheitlich vertretenen Pessimisten – nach meist mehr als 500 Punkten Verlust im DAX – die Notbremse ziehen und endlich ihre Short-Positionen oder Untergewichtung auflösen würden. Eine Erklärung, weshalb dies nicht geschehen ist, könnte sein, dass rund die Hälfte der im Panel vertretenen Vermögensverwalter ihr gestriges Votum bereits vor 10 Uhr, also vor Verkündigung des Verfassungsgerichtsurteils, abgegeben hatte. Positionsveränderungen dieser Marktteilnehmer sind also möglicherweise nicht in der jüngsten Sentiment-Erhebung erfasst, die sie hier abrufen können. Des weiteren war ich heute zu diesem Themenkreis beim DAF eingeladen, wo mich Andreas Scholz zum Interview empfing.

 

 

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2 Kommentare
  1. Antworten

    EuroTanic

    13. September 2012

    Hurra, es geht schon los:
    „Banken warnen vor dem Verlust der Ersparnisse

    Wenn die Bankenunion kommt, können wir nicht mehr für die Ersparnisse der Deutschen garantieren – das ist der Tenor einer Kampagne der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie laufen Sturm gegen die Einlagensicherung.“ http://www.wiwo.de/unternehmen/banken/einlagensicherung-banken-warnen-vor-dem-verlust-der-ersparnisse/v_detail_tab_comments/7130218.html

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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