Dollar am Morgen Märkte

Nach britischem Vorbild

am
12. März 2020

EUR USD (1,1295)             Großbritannien hat es gestern vorgemacht, wie man den negativen konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Krise möglicherweise begegnen kann. So hat die Bank of England (BoE) unter Leitung ihres scheidenden Gouverneurs Mark Carney in einer außerplanmäßigen Sitzung den Leitzins, die Base Rate, um 50 Basispunkte auf 0,25 Prozent gesenkt. Das ist mehr, als von den Futures-Märkten eingepreist war. Diese hatten für einen derart starken Schritt lediglich eine 50-zu-50- Chance gesehen. Aber das war noch nicht alles. So stellt die BoE ein auf ein Jahr begrenztes Finanzierungsinstrument für kleine und mittelgroße Unternehmen (TFSME) zur Verfügung, das über Zentralbankreserven finanziert wird. Kurzum: Man könnte auch von einer quantitativen Lockerungsmaßnahme (QE) sprechen. Außerdem wird der antizyklische Kapitalpuffer, den die Geschäftsbanken im Zuge ihrer Kreditvergabe als Polster für konjunkturell schlechte Zeiten geschaffen haben, derzeit von einem Prozent auf null gesetzt – ursprünglich war im Laufe dieses Jahres ein Anstieg des Puffers auf 2 Prozent vorgesehen.

 

Gemeinsam mit der Regierung

Aber die Bank of England war bei diesen Maßnahmen nicht auf sich allein gestellt. Denn der britische Schatzkanzler Rishi Sunak stellte gestern seinen Haushalt vor. Dieser sieht nicht nur, wie bereits bekannt war, eine Ausgabenerhöhung von 18 Mrd. Pfund vor. Darüber hinaus wird das Budget – neben anderen Maßnahmen – wegen der Corona-Krise jetzt zusätzlich um weitere 12 Mrd. Pfund an fiskalischen Stimulus-Maßnahmen erhöht. Außerdem soll das nationale Gesundheitssystem Sunak zufolge so viel Geld wie nötig („Millionen oder Milliarden“) erhalten. Kurz gesagt: So sieht ein ernstzunehmendes Notfallpaket aus.

 

EZB zunächst auf sich allein gestellt

Nun ist es heute an der EZB, bei ihrer turnusmäßigen Sitzung in irgendeiner Form nachzuziehen. Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass ihre Präsidentin Christine Lagarde zwar ebenfalls wie ihr Vorgänger Mario Draghi angesichts der Krisensituation zu einem „whatever it takes“ (so Draghi damals, um den Euro zu retten) aufrufen wird. Aber das würde wahrscheinlich nur wie ein verspätetes Echo klingen und wäre letztlich – angesichts der nicht gerade üppigen Handlungsoptionen – nur Ausdruck des verzweifelten Bemühens, irgendetwas in Bewegung setzen. Denn eine gleichzeitige fiskalpolitische Antwort wie in Großbritannien ist aus Deutschland für Morgen nicht zu erwarten.

 

Rückabwicklung von Carry Trades beendet?

Auch in den USA gab es bislang seitens der Trump-Administration hinsichtlich etwaiger Stimulus-Programme lediglich am Dienstag ein Versprechen in der Größenordnung von „major“, wobei die Erläuterung, was das im Einzeln bedeuten könnte, ausblieb. Und deshalb ist es auch kein Wunder, dass die US-Aktienmärkte gestern wieder „auf die Bretter geschickt“ wurden. Interessant in diesem Zusammenhang: Der Dollar, aber auch die Renditen der US-Staatsanleihen sind bis gestern Abend nicht wie sonst bei deutlichen Einbrüchen am Aktienmarkt unter Druck geraten. Das bekam auch der Euro zu spüren, der offenbar auch nicht mehr von der Rückabwicklung sogenannter Carry Trades profitieren konnte. Vielmehr scheint die Gemeinschaftswährung nun unter der immer wieder auftauchenden Risikoaversion der Akteure – wenn auch nicht stark – zu leiden. Und so bleibt an der Unterseite 1,1215/20 das Maß der Dinge für den kurzfristigen Aufwärtstrend in seiner steilen Version.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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