Behavioral Living Verschiedenes

Mein Mann kann (nicht)

am
20. Juli 2010

Normalerweise zappe ich nicht. Aber ich war am vergangenen Freitag alleine zuhause und dann habe ich es doch getan. Ich blieb bei Sat1 hängen und kam gerade rechtzeitig zur Finalrunde der neuen Show „Mein Mann kann“ – aus rein beruflichem Interesse, versteht sich. In schalldichten Kabinen warteten zwei Männer hilflos, wie ihre beiden Frauen am Pokertisch darum zockten, wie viele von zehn Gegnern unterschiedlicher Stärke und beiderlei Geschlechts ihr Göttergatte im Armdrücken besiegen würde. Anders ausgedrückt: Die Frauen (mit den Rücken zu den Partnern gewandt) entscheiden in der Show und die Männer müssen die Suppe auslöffeln. Immerhin ging es um 50.000 Euro.

Jede der Gattinnen bekam zu Anfang der Finalrunde zehn Chips. Und dann wurde gepokert. Die Höchstbietende musste nicht nur ihren Mann ins Rennen schicken. Mehr noch, entschied die Anzahl der gesetzten Chips darüber, wie viele der zehn Gegner der im Glaskasten wartende Ehemann besiegen musste. Schaffte er es, gewann das Paar den Preis, versagte er, sollten die machtlos zusehenden Gegner die 50.000 Euro bekommen.

Die Gewinnerin der Vorrunde, Katrin, durfte übrigens entscheiden, ob sie als erste ein Gebot abgeben wollte (ein unschätzbarer Vorteil) und setzte sogleich flott vier Chips –  ihr gut gebauter Mann musste im Ernstfall vier der zehn mehr oder minder muskulös aussehenden Gladiator(inn)en im Armdrücken besiegen – angesichts der „normalverteilt“ aussehenden Gegnerschaft eigentlich zu schaffen.  

Die Konkurrentin, Nadine, hatte nun die Qual der Wahl: Würde sie die gebotenen vier Chips nicht überbieten, läge das Schicksal nicht nur in den Händen von Katrins Mann, was einem Kontrollverlust gleichgekommen wäre. Mehr noch: Rein theoretisch hätten die Chancen schlecht gestanden, dass Katrins Mann nicht vier von zehn Gegnern hätte besiegen können. Also erhöhte Nadine den Einsatz auf fünf Chips – ob ihr Mann die Hälfte der Gladiatoren besiegen würde? Zumindest hatte er es jetzt selbst in der Hand.

Wie würde Katrin reagieren? Mit einer Erhöhung auf sechs Chips hätte sie zwar alles unter Kontrolle gehabt, aber sie verzichtete. „Chapeau“ dachte ich mir. Katrin hätte angesichts ihres muskelbepackten Mannes (den zumindest sie selbst kannte) durchaus overconfident werden können. Aber sechs von zehn unbekannten Menschen im Armdrücken besiegen?

Übrigens: Nadines Mann schaffte noch nicht einmal fünf – die 50.000 Euro gingen an die Konkurrenz. Das Streben nach Kontrolle hatte sich nicht ausgezahlt.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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