Märkte

Lasst Geithner nur reden

am
6. Dezember 2012

Dass die US-Regierung, wie heute im Handelsblatt (online) erwähnt, den Sturz von der fiskalischen Klippe erwägt, habe ich nicht wirklich ernst genommen. Vermutlich genauso wenig wie auch viele andere Börsianer. Auch wenn es heißt, Wall Street habe wegen Barack Obamas Ankündigung, eine Einigung in dieser Sache sei innerhalb von einer Woche möglich, freundlich geschlossen, dürfte dieser Zusammenhang eher zufälliger Natur sein. Vielmehr mag es sich bei der Drohung von Finanzminister Timothy Geithner um den Teil einer Pokerpartie zu handeln, an deren Ende ein Kompromiss stehen wird, bei dem alle Beteiligten vor allem ihr Gesicht wahren wollen. Geithners Worte sind also nicht mehr als ein Muskelspiel vor dem politischen Hintergrund, dass den gegnerischen Republikanern von der Mehrheit der Amerikaner (vgl. Gallup) die Schuld gegeben würde, falls es nicht gelingen sollte, die fiskalische Klippe zu umschiffen.

 

…der Markt zieht weiter

All diese Nachrichten sind ohnehin nur Begleitmusik zum derzeit immer noch stark vorherrschenden Optimismus unter den institutionellen Anlegern, die die Börse Frankfurt jede Woche befragt. Tatsächlich wurden dort gestern so viele Bullen wie seit November 2006 nicht mehr gezählt. Und die wenigen, die sich bislang dem DAX auf seinem Weg nach oben den Weg stellen, müssen dies seit Wochen mit echten Verlusten oder vornehmlich mit entgangenen Gewinnen bezahlen. Vielmehr muss man sogar davon ausgehen, dass der nun seit acht Wochen vorherrschenden Optimismus vordergründig nicht allzu viel über die tatsächliche Positionierung der Akteure aussagt. Und weil es auf dem Weg nach oben keine Gewinnmitnahmen gibt, obwohl ein Kursziel der Optimisten nach dem anderen erreicht wird, kann man durchaus vermuten, dass es bezüglich der tatsächlichen Positionsgrößen der Bullen immer noch Nachholbedarf gibt. Und zwar in zweierlei Hinsicht: Adjustierende Käufe dürften sowohl nach einer deutlichen Korrektur (auf ca. 7.300 Zähler) als auch spätestens nach einem Überschreiten des letzten verfügbaren Referenzpunktes des Vorjahres, das Hoch von 7.600, vorgenommen werden. Lesen Sie hierzu bitte den Kommentar von Gianni Hirschmüller, den dieser gestern für die Börse Frankfurt erstellt hat, sowie meine Interpretation der Detailerhebung unter dem entsprechenden Reiter auf derselben Seite.

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Sebastian

    6. Dezember 2012

    Recht so. Ohnehin scheint die Fiscal Cliff überbewertet! Dazu gibt er hier einen guten Kommentar.

    http://www.bluemelstaunt.com/2012/12/seltsamer-medialer-shit-sturm.html

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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