Märkte Wirtschaft

Kontrollverlust der Zentralbanken?

am
6. Juni 2013

Die Aktienanleger, aber auch Investoren in anderen Anlageklassen, haben während der vergangenen Tage einen großen Teil ihrer Zeit damit verbracht, sich über die globalen Anleihemärkte einen besseren Überblick zu verschaffen. Der Auslöser dafür liegt in Japan, wo sich nicht nur die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen innerhalb kürzester Zeit, gemessen an ihrem diesjährigen Tiefpunkt, verdreifacht haben. Auch die Korrektur des dortigen Aktienmarktes scheint kaum zu bremsen zu sein. In den USA und Deutschland kommen diese erdbebenartigen Wellen indes zumindest bislang nur in stark abgemilderter Form an. Natürlich könnte man einwenden, dass man im Land der aufgehenden Sonne jetzt mit aller Gewalt Inflation herbeiführen wolle, weswegen sich Investoren folgerichtig von japanischen Staatsanleihen getrennt hätten. Aber es wird auch deutlich, dass die Gelddruckaktionen der Zentralbank, deren verbale und (unbestätigten Meldungen zufolge) auch reale Interventionen am Bondmarkt sowie der Aufruf der Regierung an japanische Pensionskassen, Aktien zu kaufen, ins Leere laufen. Kein Wunder also, wenn die Anleger zumindest intuitiv ähnliches auch für die USA befürchten: Die US-Notenbank könne womöglich nicht mehr Herr der Lage sein. Selbst wenn die Renditen der dortigen Staatsanleihen längst nicht so stark angezogen haben wie in Japan, haben sie immerhin ein 13-Monats-Hoch erreicht – allerdings mit einer anderen Begründung: Die Angst vor dem so genannten Tapering, dem Auslaufen der Anleihekaufprogramme der Fed.

 

Psychologie der erfüllten Prognosen

Und so kommt dem morgigen US-Arbeitsmarktbericht eine seltsam anmutende Bedeutung zu. Sollte der Stellenzuwachs deutlich niedriger als erwartet ausfallen, würde dies nach der derzeitigen, möglicherweise kurzschlussartigen, Lesart bedeuten, die Fed würde sich mit einem Tapering zurückhalten. Mehr noch, könnte sie die monatlichen Anleihekäufe womöglich sogar noch erhöhen, ohne aber tatsächlich etwas konjunkturell bewegen zu können. Am Ende würde es den USA am Anleihemarkt genauso ergehen wie Japan: Die Renditen würden weiter steigen. Sollte der Arbeitsmarktbericht dagegen besser als erwartet ausfallen, würde dies den Tapering-Befürchtungen der Anleger weiteren Nährboden geben – die Anleihemärkte würden dann genauso unter Druck geraten. Offenbar – und das ist schon reichlich verrückt – hängt das Schicksal der Anleihe- und Aktienmärkte davon ab, wie gut die Volkswirte dieser Welt mit ihren Prognosen liegen: Je größer nämlich die Abweichungen der realen, möglicherweise auch noch stark revisionsbedürftigen Nonfarm-Payrolls-Daten, desto stärker möglicherweise der Schuss vor den Bug.

Wie gut die Daxianer auf den morgigen Tag vorbereitet sein mögen und was sie im schlimmsten Fall erwarten, hat mein Mitstreiter Gianni Hirschmüller in seinem jüngsten Sentiment-Bericht für die Börse Frankfurt ausgeführt – ich selbst habe mich dieses Mal um die Analysedetails gekümmert.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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