Dollar am Morgen Märkte

Interessante Vogelschau

am
20. September 2019

EUR USD (1,1055)             Vieles von dem, was die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC) am Donnerstagabend hiesiger Zeit an Ergebnissen mit sich brachte, scheint auch eine Frage der Wahrnehmung zu sein. Da schreibt etwa ein kluger Analyst und Kommentator, die Fed habe mindestens eine weitere Zinssenkung bis zum Jahresende signalisiert. Das mutet schon etwas sonderbar an, wenn man bedenkt, dass das FOMC bei seiner jüngsten Sitzung zutiefst gespalten war: Nur 7 der 17 Entscheider gehen – sofern man die Prognosen der DOT-Plots des FOMC zugrunde legt – von einer Zinssenkung von weiteren 25 Basispunkten in diesem Jahr aus. Die übrigen 10 Mitglieder des Offenmarktausschusses sehen keine oder sogar steigende Leitzinsen bis zum Jahresende. Auch gab es Beobachter, die feststellten, dass die Prognosen so nahe beieinander lägen, dass es nur einer leichten Absenkung der Zinsprognosen bedürfe, um den DOT-Plots einen taubenhaften Anstrich zu verleihen. Ja, eigentlich bräuchte es dafür nur zwei Mitglieder des FOMC, die ihre Zinsprognosen für dieses Jahr um 25 Basispunkte nach unten verschieben würden.

 

Die Sprache der DOT-Plots

Was eigentlich nicht ganz richtig ist, denn von den zehn Entscheidern, die nicht von sinkenden Leitzinsen ausgehen, müssten fünf der besonders hawkishen Mitglieder ihre Vorhersage im Falle des Falles sogar um 50 Basispunkte senken, um zum Lager der Tauben hinzugerechnet zu werden. Niemanden habe ich indes gesehen, der gedanklich das Szenario durchspielte, dass etwa eine Zinssenkungsprognose der 7 „Tauben“ womöglich nach oben korrigiert werden könnte. Immerhin: Für das Jahr 2020 sind die Prognoseverhältnisse etwas knapper.

Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass viele Marktteilnehmer bei der Beurteilung der jüngsten Fed-Sitzung voreingenommen waren. Gerade weil der Offenmarktausschuss gespalten scheint, ist für jeden etwas dabei. Vielleicht hilft es, dass Fed-Chef Jerome Powell vor nicht allzu langer Zeit zum wiederholten Male betont hatte, dass man nicht zu viel Gewicht auf die DOT-Plots legen solle – einige Mitglieder des FOMC lehnen sie sogar völlig ab.

 

Voreingenommene Finanzmarktakteure

Dass die Akteure an den Finanzmärkten per Saldo eher taubenhaft voreingenommen sein dürften, wird auch an den impliziten Wahrscheinlichkeiten sichtbar, die das CME FedWatch-Tool berechnet hat. Danach betrug die Wahrscheinlichkeit für mindestens eine weitere Zinssenkung bis zum Jahresende gestern immer noch rund 68 Prozent. Und hatten direkt im Anschluss an die Notenbanksitzung und dem damit zusammenhängenden Statement viele Marktteilnehmer zunächst den Eindruck, die Fed-Entscheider hätten eine leicht falkenhafte Note durchblicken lassen, hat sich dieses Bild binnen 24 Stunden verflüchtigt. Die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks haussierten wieder und das Resümee lautete vielerorts im besten Fall, dass die Fed niemandem geschadet, aber auch nichts versprochen habe. Und so bleibt der Euro in seinem kurzfristigen Abwärtstrend zwischen 1,1100/05 und 1,0850/55, ohne allerdings einen richtungsweisenden Impuls zu geben.

 

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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