Ein teures Abendessen
Kürzlich verbrachte ich mit einem guten Freund ein Wochenende in Paris, wo wir es uns bei einem Abendessen in einem französischen Restaurant richtig gut gehen ließen. Ja, es musste dieses Mal schon ein 5-Gänge-Menü mit dazu passenden Weinen sein – ein Luxus, den ich mir in den vergangenen Jahren nur ganz selten geleistet habe. Aber der schönste Restaurantbesuch endet irgendwann einmal mit der Rechnung, deren Endsumme ich der Einfachheit halber mit 100 Euro (der genaue Betrag ist dem Autor bekannt) ansetzen möchte.
Mein Freund blickte fast ein bisschen ungläubig auf die monetäre Forderung des Kellners, um mir dann zuzuraunen: „Das sind ja 200 D-Mark!“. Da kam bei mir fast etwas wie Wehmut auf, zumal ich meinem Gegenüber dankbar sein musste, dass er die fälligen 100 Euro nicht in die frühere französische Währung umgerechnet hatte. Dann hätte es sich nämlich sogar um rund 655 Francs gehandelt, womit mir der schöne Abend womöglich vollends verdorben gewesen wäre.
Tatsächlich ist diese Art von Nostalgie größtenteils auf psychologische Faktoren zurückzuführen. Aber es gibt nicht nur ältere Mitbürger(innen), die beim Einkaufen den Preis der Waren immer noch schnell im Kopf in D-Mark umrechnen. Die alte harte D-Mark bleibt den Deutschen offenbar unauslöschlich im Gedächtnis. Vor allem von Menschen im Alter von 30 und mehr Jahren wandelt fast die Hälfte immer noch größere Beträge in D-Mark um. Dies ergab vor ein paar Wochen der „Sparkompass 2015“, eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Bank auf Scotland.
Ist aber alles tatsächlich nur Nostalgie, wenn Menschen selbst 13 Jahre nach der Bargeldeinführung praktisch jeden Euro einmal umdrehen, also mit zwei multiplizieren, und schnell im Kopf in D-Mark umrechnen? Tatsächlich dient dieses Procedere meist nur dazu, festzustellen, wie teuer doch alles geworden sei. Dabei wird tunlichst vergessen, dass seit der Einführung des Euro im Jahre 2002 und der damit verbundenen Ablösung der D-Mark letztere zwangsläufig keine Geldentwertung mehr erfahren musste. Ganz einfach, weil es sie seither nicht mehr gab.
Kein Wunder also, wenn wir unser Augenmerk besonders auf das richten, was wir gerade sehen bzw. gerade im Geldbeutel haben. Und das sieht tatsächlich nicht gut aus. Vor allem, wenn wir tagtäglich von der Schuldenkrise Griechenlands oder massiven Gelddruckprogrammen der Zentralbanken hören. Damit bevorzugen wir allerdings die leicht verfügbaren Informationen gegenüber dem, was wir nicht sehen. Psychologen sprechen auch vom Verfügbarkeitsirrtum. Denn es ist nicht beweisbar, ob wir mit der D-Mark bzw. ohne den Euro – mit all seinen Vor- und Nachteilen – tatsächlich besser gefahren wären.
Immerhin ist es fast schon beruhigend, wenn derselben Umfrage zufolge nur noch 23 Prozent der Befragten kein Vertrauen in den Euro haben, ein Wert, der vor zwei Jahren übrigens noch bei 33 Prozent lag. Oder wiegen wir uns irrigerweise in Sicherheit, weil sich eine überwältigende Mehrheit mangels Alternativen einfach nur an den Euro gewöhnt hat?