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8. Mai 2014

Normalerweise gebe ich nicht gerne Tipps, aber mein jüngster Besuch im Frankfurter Schauspielhaus erwies sich als Volltreffer. Dort wurde nämlich Dogville von Lars von Trier aufgeführt, ein Drama, das ich schon einmal als großartigen Film vor einigen Jahren bei einem Kinobesuch sehen durfte. Und wer Zeit hat, Dogville, den Ort von Rechtschaffenheit und Hilfsbereitschaft einmal live zu erleben, sollte sich schnellstens einen Platz für eine der verbliebenen Veranstaltungen sichern.

In Dogville wird nämlich gezeigt, wie eine schöne Heldin (im Film gespielt von Nicole Kidman) namens Grace Schritt für Schritt ihre Persönlichkeit zu Gunsten der Bewohner eines Dorfes aufgibt, das sich permanent „moralisch aufrüsten“ muss. Und wenn man das erste und das siebte Kapitel der berühmten Verfilmung, miteinander vergleicht, hält man es kaum für möglich, wie Menschen einen anderen innerhalb von fünf Akten auf grausamste und unerträgliche Weise unterwerfen können.

Dieser erste Film aus von Triers Trilogie USA – Land der Möglichkeiten wurde von US-Kritikern als sinnloser und ignoranter Antiamerikanismus abgetan, was jedoch am Kern der Sache vorbeigeht. Denn eine der wichtigsten Erkenntnisse dieses philosophischen Dramas besteht nämlich darin, wie sich Menschen peu à peu an immer stärkere Grausamkeiten gewöhnen können, während die Selbstwahrnehmung der moralischen Integrität intakt bleibt – ein Klassiker übrigens für die „Abteilung“ Behavioral Ethics. Anders ausgedrückt: Eine kaum wahrnehmbare Verschiebung von Referenzpunkten kann mit der Zeit zu massiven Verhaltensänderungen führen.

Weniger um Ethik, aber dafür um Finanzmärkte, geht es in einem anderen „Filmchen“, dem allmonatlichen Interview zur Stimmungslage beim DAX, dass Viola Grebe vom Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) heute (hier) mit mir führte.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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