Märkte

Deutschland will nicht (Teil II)

am
17. Dezember 2014

Angesichts der starken Kursverwerfungen der vergangenen Tage und der heute endenden Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank mag das jüngste Statement von Bundesbankpräsident Jens Weidmann nicht auf das übliche Interesse gestoßen sein. So hatte Weidmann gegenüber dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten noch einmal seinen Widerstand gegen den Kauf von Staatsanleihen bekräftigt. Und dies, obwohl die Bundesbank zehn Tage, nachdem sie bereits ihren Inflationsausblick nach unten korrigiert hatte, noch einmal eine Revision nachreichte. Für mich sah es so aus, als habe Jens Weidmann seine Position noch nie so offen und deutlich wie gestern dargelegt, und das nicht nur, weil der Bundesbankpräsident einräumte, dass selbst in Deutschland einige Monate negativer Inflationsraten möglich seien und er eine solche Entwicklung dennoch nicht als Deflation bezeichnen würde. Denn er erklärte außerdem, dass die EZB ihrem Auftrag, für Preisstabilität zu sorgen, sogar dann nachkommen würde, wenn das Inflationsziel einige Zeit nicht erreicht würde – ein Zustand, der nun bereits seit knapp zwei Jahren in der Eurozone vorherrscht.

 

Mit anderen Worten: Es gibt keine Deflation, und es wird auch keine geben

 

Nun kann man durchaus über die Effektivität von quantitativen Lockerungsprogrammen trefflich diskutieren und auch der Meinung sein, die EZB sei kein „Sklave der Märkte“. Eine Notenbank müsse, wenn nötig, auch mal die Märkte enttäuschen, ließ sich Weidmann vernehmen. Das Problem ist nur: Dank der großen Versprechungen von EZB-Präsident Mario Draghi haben die Märkte ein quantitatives Lockerungsprogramm bereits seit langem eingepreist. Dass sich eine Enttäuschung über das Ausbleiben eines wirksamen Anleihekaufprogramms in den Finanzmärkten entsprechend entladen könnte, ist dabei eine Sache, und davor zu schützen fällt nicht in den Aufgabenbereich der EZB. Obwohl eine entsprechende Erwartungshaltung in Folge von Draghis Ausspruch „Whatever it takes“ 2012 vermutlich sogar eine massive Eurokrise verhindert hat.

Auch hat Jens Weidmann Recht, dass ein QE-Programm zu einer Umverteilung der Risiken zwischen den Steuerzahlern der einzelnen Staaten führen würde. „Es sei denn…. jede Notenbank kauft auf eigenes Risiko Anleihen des eigenen Landes.“

Da frage ich mich, wozu man dann eigentlich noch eine Europäische Zentralbank oder gar eine Gemeinschaftswährung braucht. Vor allem aber hat uns Jens Weidmann klargemacht, dass es in der nahen oder selbst ferneren Zukunft keine Konfiguration von Umständen geben wird, bei der er ein Anleihekaufprogramm à la QE unterstützen würde. Nein, nicht nur Deutschland will nicht (vgl. meinen Beitrag HIER), sondern auch seine Notenbankvertreter bleiben bei einem klaren Nein, ohne allerdings Lösungsalternativen anzubieten, die mehr zu bieten haben als eine schlichte Leugnung der Realität.

Deutlich Ja gesagt haben indes die von der Börse Frankfurt wöchentlich befragten Anleger zum DAX, obwohl dieser im Wochenvergleich vier Prozent an Wert verloren hat. Die entsprechende Analyse, die ich wie immer für die Börse Frankfurt erstellt habe, finden Sie HIER.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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