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Der Barack-Breakeven

am
18. November 2010

Das US-Finanzministerium wird über den Ausgabepreis der neuen General Motors Aktie höchst erfreut sein. Denn noch zu Anfang des Monats berichtete Bloomberg, das Unternehmen und die mit dem Börsengang befassten Banker rechneten mit einem Emissionspreis im unteren bis mittleren 20-Dollar-Bereich. Worauf sich das Finanzministerium jedoch nicht einließ. Nach Bloomberg-Recherchen wollte die US-Regierung nämlich den deutlich höheren Preis von 30 USD, den so genannten Obama-Preis, erzielen. Denn zu diesem Kurs (zusammen mit Zinsen, Dividenden und dem Rückkauf von Vorzugsaktien),  wäre das Geld, das der Steuerzahler zur Rettung von GM eingesetzt hatte, wieder zurückgeholt. Man könnte auch sagen, 30 USD waren Baracks Breakeven.  

Wahrscheinlich ist der Breakeven der von den Menschen am häufigsten verwendete, aber auch gefährlichste Referenzpunkt, wenn es um die Vereinfachung  von Entscheidungen geht. Weil die meisten von uns im Falle von Verlusten mitunter starke  Anstrengungen unternehmen, um aus dieser unangenehmen Situation wieder herauszukommen. Egal, ob der Verlust real existiert oder auch nur als solcher wahrgenommen wird. In manchen Fällen gehen Menschen alleine in der Hoffnung, einen Verlust wieder wettmachen zu können, sogar existenzbedrohende Risiken ein. Sobald jedoch der Breakeven einer Entscheidung erreicht ist, kehrt sich diese risikofreudige Einstellung schlagartig um – in Risikoscheu. Das wäre sicherlich auch nicht weiter problematisch, wenn der Referenzpunkt in irgendeiner Weise mit dem Risiko zusammenhängt, das dem Investment zugrunde liegt. In der großen Mehrheit der Fälle spielen diese Referenzpunkte für das weitere Schicksal des Unternehmens, etwa GM, aber keine Rolle – von Bedeutung sind sie nur für die einzelnen Entscheider, weil sie eben die Grenze zwischen (wahrgenommenem) Gewinn und Verlust darstellen.

Einen Emissionspreis  von 33 USD dürfte die Administration Obama daher aufgrund der jenseits von 30 USD erwarteten Risikoaversion tendenziell als „gutes“ Ergebnis wahrnehmen. Zumal dann niemand mehr fragen wird, ob man für den Steuerzahler nicht noch ein bisschen mehr hätte herausholen können. Auch wird (hoffentlich) niemand mehr fragen, ob diese Solidargemeinschaft angemessen für die eingegangenen Risiken belohnt wurde.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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