Das Orakel von Oberhausen
Paul, der Tintenfisch aus Oberhausen, ist bereits vor Beendigung der Fußballweltmeisterschaft berühmt-berüchtigt. Etwa in Argentinien, wo man ihn wegen seiner richtigen Prognose zum jüngsten Länderspiel gegen Deutschland am liebsten auf den Grill geworfen hätte. Tatsächlich hatte Paul schon während der EM 2008 eine überzeugende Trefferquote von 80 Prozent für die deutschen Spiele vorzuweisen – zugegebenermaßen habe ich den Fisch damals nicht gekannt und mich auf andere Auguren verlassen.
Jetzt aber wird es natürlich eng, denn während der WM hat der Tintenfisch, der keine Unentschieden kennt, alle fünf Spiele der Deutschen richtig vorhergesagt. Und gegen Spanien droht heute, so denn das Tentakel-Orakel erneut richtig liegt, eine Niederlage. Natürlich handelt es sich auch hier wieder um eine dieser viel zu kurzen Serien, die unser Meerestier weltbekannt gemacht haben. Aber mancher Börsen-Guru hat es mit noch kleineren Trefferserien zu Weltruhm gebracht, nach dem Motto: Das kann kein Zufall mehr sein. – Psychologen würden indes klar analysieren: Das ist eine Folge der Repräsentativitätsheuristik.
Aber mal konkret: Wie viele Tintenfische benötigen Sie, um einen zu finden, der sich zwischen zwei Muscheltöpfchen fünf Mal hintereinander für den mit der richtigen Flagge entscheidet? Keine Sorge: Theoretisch reichen bereits 32 dieser Tierchen, um eines mit fünf richtigen Vorhersagen hintereinander zu finden.
Immerhin haben Oktopusse gegenüber Menschen den großen Vorteil, nicht voreingenommen zu sein. Deswegen ist auch der berühmte Dart-Pfeile werfende Affe mit seinen Würfen treffsicherer als die meisten Börsianer und Fußballpropheten. Die Tierschützer, die Paul ins Meer zurückbringen wollen, müssen sich jedoch beeilen, falls Tintenfisch-Paul heute Recht behalten sollte.