Märkte

Crashgefahr an jeder Ecke

am
20. Februar 2014

Wenn die von mir sehr geschätzte Börsenzeitung in der Abteilung Kapitalmärkte titelt, US-Aktienanleger befürchteten einen Crash, dann lese ich schon einmal etwas genauer nach. Und da wurden sie dann wieder erwähnt, die Börsenlegenden George Soros und Warren Buffett, wie sie mit ihren Wetten gegen den US-Aktienmarkt im vierten Quartal des vergangenen Jahres von sich Reden gemacht haben. Und dies amtlich per Pflichtmitteilung an die Wertpapieraufsicht Securities and Exchange Commission. Zu Recht weist der Autor des Beitrags darauf hin, dass diese Information mittlerweile 45 Tage alt sei und es könne auch sein, dass Soros nur eine Long-Position abgesichert habe. Für mich sind das zwei wesentliche Einschränkungen. Aber die Crash-Angst scheint in den USA weiter verbreitet zu sein, als man hierzulande annehmen mag. Allerdings sind die Analysemethoden hierzu ausgesprochen fragwürdig.

Da lese ich etwa, wie man an derzeit an Wall Street (das müssen wohl Experten sein) Charts aus dem berüchtigten Crashjahr 1929 und aus 2013/14 übereinanderlegt, die auf den ersten Blick eine optische Übereinstimmung zeigen sollen. Tatsächlich: Ein derzeit im Markt kursierendes Schaubild, wie es heute auch in der Online-Ausgabe des Handelsblatts zu sehen ist, zeigt, wie dilettantisch analysiert wurde. Da werden die beiden Kurven des Dow Jones Index aus 1928/1929 und 2012 bis 2014 mit arithmetischen (!) Skalen übereinandergelegt, statt mit einer logarithmischen Skalierung zumindest die prozentuale Kursveränderungen miteinander vergleichbar machen zu können. Immerhin haben wir so statt eines Kurssturzes von fast 50 Prozent im Jahre1929 per 4.2.2014 bislang nur eine kräftige Korrektur verbuchen müssen.

Ich selbst habe einmal vor langer Zeit im Jahr 1987 anlässlich des Oktober-Crashs, als Computercharts noch nicht so weit verbreitet waren, ebenfalls die seinerzeitige Kursentwicklung mit den Jahren 1927 bis 1929 durch Übereinanderlegen von Charts verglichen. Auch damals war die Vorgeschichte zu beiden Crashs war verblüffend ähnlich. Dummerweise stellte sich ex post der Versuch, Börsenkurse auf diese Weise zu prognostizieren, als untauglich heraus. Denn statt einer anhaltenden Baisse konnten sich die Aktienkurse 1987 überraschend schnell wieder erholen.

 

Fragwürdige Methoden

Wenn ich dann lese, dass die Analysten von Morgan Stanley in einer Studie untersucht haben, ob sich ein Crash am US-Aktienmarkt zuverlässig mit einem Monat Vorlauf vorhersagen lasse und die Analysten dazu 200 (!) verschiedene Indikatoren benutzt haben, um das goldene Ei zu finden, bin ich schon beruhigt. Denn selbst bei dieser riesigen Zahl von mathematischen Möglichkeiten ließ sich noch nicht einmal im Nachhinein eine zuverlässige Vorhersage-Kombination finden. Fehlt eigentlich nur noch, dass nicht noch vom Hindenburg-Omen berichtet wurde, dass bei derlei Gelegenheiten immer gerne zitiert wird. Oder müssen wir doch noch bis zu den von Manfred Hübner von Sentix immer wieder gerne erwähnten (und im vergangenen Jahr treffsicheren!) Iden des März warten, bis die Aktienbörsen zu einem massiven Kurseinbruch bereit sind?

Die institutionellen Investoren, die die Börse Frankfurt allwöchentlich befragt, dürften in großen Teilen von einem Crash, so er denn tatsächlich kommen sollte, nicht kalt erwischt werden. Warum, das habe ich hier erklärt – mein Mitstreiter Gianni Hirschmüller hat sich derweil um die Analysedetails (hier) gekümmert.

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Argonautiker

    20. Februar 2014

    Ich denke seit dem es Salonfähig geworden ist, Betrug zu vollziehen, kann man so etwas wie das übereinanderlegen von Charts nicht mehr anwenden. Und das salonfähige Betrügen ist eben seit den Trennung, von Gut und Geld, recht einfach geworden. Wo ein Markt normalerweise crashen würde, druckt man nun mehr Geld, und verschiebt die Korrektur einfach auf später. Es ist eigentlich erschreckend, wie einfach dieser Betrug abläuft.

    Sicherlich gibt es auch im Betrügen ein Limit, aber es ist wohl noch nicht erreicht. Wobei es eigentlich erreicht ist. Wenn man Wirtschaftsentwicklung und Börsenkurse vergleicht, ist es erkennbar, daß es den Crash gab, und dieser nur weiter vertuscht wird, und mit dem Drucken von Geld sogar das Gegenteil vorgetäuscht wird. Die Kurse steigen und die Realwirtschaft sinkt. Nach dem Motto, wenn es eh schon klar ist, daß man das System neu starten muss, dann kommt es auch nicht mehr darauf an. Man wird halt noch etwas Zeit brauchen bis man sich für das Kommende System in die Polposition gebracht hat, und Parkstrasse und Schlossalle für sich gesichert hat.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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