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Ein schwerer Sündenfall

am
6. September 2011

Eigentlich hatte ich schon heute Vormittag ein mulmiges Gefühl im Magen, als ich hörte, die Währungsreserven der Schweizer Nationalbank (SNB) seien im August gegenüber dem Vormonat von 182 auf 253 Milliarden Schweizer Franken gestiegen. Und als die SNB soeben verkündete, sie werde ihre Währung an den Euro zu einer Untergrenze von 1,20 CHF pro Euro binden, war für mich der Sündenfall perfekt. Allein schon das Statement, die Zentralbank werde ausländische Valuten in unbegrenzter Höhe kaufen (= eskaliertes Commitment), hinterlässt unweigerlich den Eindruck, die Schweiz stünde gegen den Rest der Welt. Denn bislang hat sich niemand angeboten, die Nationalbank in ihrem Ansinnen zu unterstützen.

Das Problem des festen Schweizer Franken besteht in erster Linie darin, dass er sich nicht aufgrund von Handelsungleichgewichten, sondern aufgrund von Kapitalströmen in den so genannten sicheren Hafen, aber auch wegen massiver Schieflagen befestigt hat. Schieflagen, die in erster Linie von Ausländern verursacht wurden, die große Investitionen über Schweizer Franken finanzierten. In Zukunft wird dieser Kapitalstrom subventioniert. Und so dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch andere Marktteilnehmer die Interventionsbereitschaft der SNB testen werden. Mit der Folge, dass die Devisenreserven noch weiter aufgebläht und de facto Schweizer Franken gedruckt werden müssen. Wenn nötig in unbegrenzter Höhe. Mehr noch: Falls die SNB dem Druck auf der von ihr gesetzten Grenze wegen hoher Inflation und einem damit verbunden Politikwechsel eines Tages nachgeben müsste, bliebe ihr  ein Riesenverlust. Ein Verlust, der so hoch sein könnte, dass man vielleicht über einen Beitritt zur Eurozone nachdenken müsste.

Welche Konsequenzen ergeben sich für den nach Sicherheit suchenden Investor, wenn er zusehen muss, wie der harte Schweizer Franken im Prinzip weich gedruckt wird? Tatsächlich bleibt Gold nach dem Wegfall des Franken als einzige Alternativwährung für Geld übrig. Geld, das damit möglicherweise für lange Zeit festgegossen wird. Geld, das sinnvoller für Investitionen und auch Konsum verwendet werden sollte, wenn man noch den Glauben an irgendein Wirtschaftswachstum nicht völlig ad acta legen möchte.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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