Dollar am Morgen Märkte

Weihnachten ist gerettet

am
14. August 2019

EUR USD (1,1170)             „Weihnachten ist gerettet!“ Dies soll gestern Nachmittag ein Händler erleichtert ausgerufen haben, als bekannt wurde, dass die USA einen Teil der für den 1. September geplanten Strafzölle auf chinesische Importe in Höhe von 10 Prozent auf ein Volumen von etwa 300 Mrd. USD erst am 15. Dezember erheben werden. Auf dieser Liste der Ausnahmen stehen Importgüter, die typischerweise an Weihnachten auf dem Gabentisch der US-Bürger landen: Mobiltelefone, Laptops, Video-Spielkonsolen, Spielzeuge, Computermonitore, bestimmte Schuhe und Kleidung. Auch wenn die von der USTR (Amt des Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten) publizierte Liste derjenigen Güter, für die Strafzölle ab dem 1. September in Kraft treten sollen, sechs Mal so lang ist wie die Liste der ab dem 15. Dezember geltenden Importzölle, war die Reaktion an den Finanzmärkten deutlich. Die Aktienmärkte erholten sich, die Anleiherenditen verbesserten sich ein wenig, und der Dollar gewann vor allen Dingen gegenüber den typischen Fluchtwährungen in Krisenzeiten, dem Schweizerfranken und dem Yen.

 

Sie sprechen wieder miteinander

Die Marktreaktion fiel auch deswegen zunächst so deutlich aus, weil der chinesische Vizeministerpräsident Liu He einer Mitteilung auf der Internetseite des Pekinger Handelsministeriums zufolge mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer und Finanzminister Steven Mnuchin gestern telefoniert haben und weitere Gespräche in zwei Wochen geplant sein sollen. Dabei durfte auch US-Präsident Donald Trumps Tweet nicht fehlen, wonach China angeblich (wieder einmal) im Gegenzug bereit sei, von den USA große Mengen von Agrarerzeugnissen abzunehmen. Ob es dieses Mal klappt? Auch wenn damit der Handelskonflikt noch längst nicht beigelegt ist, handelte es sich insofern um eine positive Überraschung für die Märkte, als man vielerorts davon ausgegangen war, dass die Handelsgespräche eingefroren seien und noch nicht einmal hinter verschlossenen Türen Kontaktversuche zwischen den beteiligten Parteien bestünden. Aber Donald Trump machte gestern auch eines klar: Mit der Verzögerung der Strafzölle auf einige China-Importgüter möchte er verhindern, dass die Freude der US-Verbraucher bei den Weihnachtseinkäufen durch Preiserhöhungen getrübt würde.

 

Wenig Reaktion auf US-Preisdaten

Vielleicht war die „gute Botschaft“ auch deswegen auf so guten Nährboden gefallen, weil die Stimmung zuvor ausgesprochen gedrückt war. So zeigte etwa die miserabel ausgefallene ZEW-Umfrage für den Monat August, dass selbst die gegenwärtige Lage deutlich negativer beurteilt wurde, als dies von den Ökonomen erwartet worden war. Auch wenn diese Umfrage häufig die Positionierung an den Aktienmärkten widerspiegelt, lässt sie dennoch auch für die heute anstehende Veröffentlichung des vorläufigen deutschen Bruttoinlandsprodukts bzw. der Eurozone nichts Gutes erwarten.

In den USA wurde gestern der Konsumentenpreisindex für den Monat Juli veröffentlicht, der gegenüber dem Vorjahr mit +1,8 Prozent etwas stärker als von den Ökonomen erwartet ausgefallen war. Dies gilt auch für die Kernrate (+2,2 Prozent). Diese Preissteigerungen (auch gegenüber dem Vormonat) werden allerdings durch die im Vergleich zum Vormonat nicht so stark ausgefallene Entwicklung der Löhne relativiert. Aber da die US-Notenbank ohnehin vorzugsweise auf den Index der Privaten Konsumausgaben (PCE) als Inflationsmaß blickt, blieben die Marktentwicklungen überschaubar.

 

US-Zinsstrukturkurve wenig verändert

Am Ende des Tages hatte die Hoffnung auf weitergehende positive Gespräche zwischen den USA und China allerdings nicht dafür gesorgt, dass sich die Rezessionsängste merklich verringert hätten. Denn der Renditeabstand zwischen zehnjährigen US-Treasuries und T-Bills mit dreimonatiger Laufzeit zeigte sich mit -33 Basispunkten nur wenig verändert. Zur Erinnerung: Ein negativer Renditeabstand, also eine inverse Zinsstrukturkurve in diesem Bereich, gilt vielerorts als Vorbote einer späteren Rezession. Bemerkenswert: Der Abstand zwischen den Papieren mit zehnjähriger und zweijähriger Laufzeit, eine Messzahl, die noch vor gut einem Jahr als Rezessionsindikator galt und nun aus der Mode gekommen ist, betrug gestern nach Veröffentlichung der US-Preisdaten und zum Tagesschluss nur noch einen Basispunkt.

Die gestern Nachmittag eingekehrte Dollarstärke hat auch den Euro etwas unter Druck gesetzt, ohne dass dabei allerdings wichtige Niveaus verletzt wurden. Damit bewegt sich die Gemeinschaftswährung weiterhin im Rahmen ihrer Seitwärtsentwicklung zwischen 1,1100/05 und 1,1365/70 (1,1410). Dabei bleibt die Oberseite weiterhin etwas interessanter, aber für stärkere Impulse müsste 1,1235 überwunden werden.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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