Dollar am Morgen Märkte

Wehe, wenn Powell enttäuscht

am
10. Juli 2019

EUR USD (1,1205)             Heute kommt es nun zur Anhörung von US-Notenbankchef Jerome Powell vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses. Einige Marktteilnehmer befürchten, dass von diesem Ereignis ein Signal ausgehen könnte, durch das eine Zinssenkung von 25 Basispunkten bei der kommenden Fed-Sitzung Ende Juli infrage gestellt sein könnte. Und weil dieser Schritt praktisch zu 100 Prozent eingepreist ist, wäre ein anderslautender Hinweis Powells für viele Akteure gleichbedeutend mit einer bösen Überraschung. Man braucht dabei keine große Vorstellungskraft zu besitzen, um sich auszumalen, wie in diesem Falle etwaige Tweets des US-Präsidenten aussehen würden. Ein Kommentar wie „not good“ würde fast schon beschönigend klingen. Und deswegen hat der ökonomische Chefberater Donald Trumps, Larry Kudlow, gestern in einem Fernsehinterview noch einmal klargemacht, worauf die Fed zu achten habe: auf Inflationsindikatoren und nicht auf Signale aus dem Arbeitsmarkt. Mit anderen Worten: Die Fed muss die Zinsen senken. Nein, niemand habe die Absicht, Powell aus dem Amt zu jagen, beteuerte Kudlow.

Aber genau das scheinen Kommentatoren für möglich zu halten. So vergleicht etwa der von mir geschätzte John Authers (Bloomberg) das Verhältnis Donald Trumps zu Jerome Powell mit der Beziehung zwischen dem britischen König Heinrich II. und Thomas Becket, dem Erzbischof von Canterbury. Beide waren ursprünglich gute Freunde, aber als Becket, vormals Lordkanzler, sich in seiner späteren Position als Erzbischof weigerte, den Vorstellungen des Königs zu entsprechen, wurde er 1170 in seiner Kathedrale in Canterbury von Rittern Heinrichs II. ermordet. Heinrich II. zog sich deswegen den Zorn des damaligen Papstes Alexander III. zu und musste sich als Buße für seine Missetat von Mönchen öffentlich auspeitschen lassen.

 

Wer würde Trump zu Rechenschaft ziehen?

Wenn man diese Begebenheit aus dem englischen Mittelalter auf Trump und Jerome Powell überträgt, ergeben sich insofern gewisse Parallelen, als Jerome Powell ursprünglich einmal von Trump selbst ausersehen wurde, dann allerdings nicht in dessen Sinne „lieferte“. Jetzt wird Powell sicherlich nicht um sein Leben, aber möglicherweise um seinen Job bangen müssen, obwohl eine Entlassung des Fed-Präsidenten rechtlich umstritten wäre. Natürlich gibt es auch heute keinen mächtigen Papst mehr, der Trump im Falle eines Falles zur Rechenschaft ziehen könnte. John Authers hat in seinem Beitrag die US-Anleihemärkte als Strafinstanz für Trump an Stelle des Papstes ausersehen. Denn diese würden wohl mit massiven Anleiheverkäufen reagieren. Strafe muss sein. Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob die Reaktion an den Bondmärkten im Falle einer Entlassung Powells, mit der ja gleichzeitig auch die Unabhängigkeit der Fed infrage gestellt würde, am Ende wirklich so drastisch ausfallen würde. Natürlich kann man die Situation um die Türkische Zentralbank, deren Chef am vergangenen Samstag auf Geheiß von Staatspräsident Erdogan seines Postens enthoben wurde, nicht mit der der US-Notenbank vergleichen. Dort zumindest ist anschließend weder die Rendite zehnjähriger türkischer Staatsanleihen explodiert, noch ist die türkische Lira ins Bodenlose gefallen. Mit anderen Worten: Eine drastische Strafe der Finanzmärkte ist bislang ausgeblieben.

Auch gestern hat sich der Euro weiter nach unten gequält und noch nicht einmal seinen ersten Potenzialpunkt bei 1,1170/75 (darunter 1,1110) getestet. Und so hat sich auch der Stabilisierungspunkt der Gemeinschaftswährung nur minimal nach unten, nämlich auf 1,1325/30 abgeschwächt.

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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