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Untauglicher Volatilitäts-Index?

am
19. Juli 2017

Las gestern Abend einen Kommentar in der Financial Times, wonach nun der CBOE Volatilty Index (VIX), das Maß für die kurzfristige implizite Volatilität von US-Aktien des S&P 500, auf dem niedrigsten Niveau seit der Wahl Bill Clintons zum US Präsidenten liegt. Das war im Jahr 1993. Dennoch zeigen sich die Investoren angesichts eines S&P 500 Index, der gestern nur knapp unter seinem Allzeithoch notierte, relativ nervös. Denn, so der Kommentator, die jüngste BofA Merrill Lynch Umfrage unter Fondsmanagern ergab, dass netto 44 Prozent von ihnen Aktien (ganz besonders stark US-Papiere) für überbewertet halten – ein Umfragewert, so hoch wie zuletzt 1999. Ganz davon zu schweigen, dass die Kassehaltung der Fondsmanager gemäß der Umfrage per 13. Juli bei derzeit 4,9 Prozent und somit deutlich über ihrem 10-Jahresdurchschnitt von 4,5 Prozent liegt. Dies für sich alleine betrachtet mag sicherlich die Sorge der Investoren widerspiegeln, dass etwa die Bewertungen von US-Aktien derzeit überzogen sind. Oder dass es zu einem Crash in den Anleihemärkten kommt, aktuell das höchste Extrem-Risiko gemäß der Umfrage. Und weil diese Sorge im krassen Gegensatz zu den extrem niedrigen Optionsprämien steht, kommt der Kommentator zum Schluss, dass der beliebte VIX-Index womöglich seine Bedeutung als Angst-Indikator verloren haben könnte. Denn wirklich ängstliche Investoren müssten sich konsequenterweise gegen eine drohende Korrektur im Aktienmarkt absichern, mit der Folge, dass die impliziten Volatilitäten viel höher liegen müssten.

 

Wer keine Risiken eingeht, braucht keine Versicherung

Die hohe Kassehaltung der Investoren könnte allerdings auch etwas anderes bedeuten. Nämlich, dass diese nicht ausreichend im Aktienmarkt investiert sind und deswegen auch keine Versicherung gegen eventuelle Korrekturen benötigen. Ein Indiz hierfür ist übrigens auch die jüngste Stimmungsumfrage der AAII (American Association for Individual Investors), bei der sich zuletzt eine Mehrheit von über 40 Prozent der Befragten hinsichtlich des US-Aktienmarktes neutral zeigten, und sich auch bei den übrigen Investoren Bullen und Bären die Waage halten.

Die BofA Merrill Lynch Umfrage förderte aber auch zutage, dass Aktien der Eurozone von netto 19 Prozent der Fondsmanager immer noch für unterbewertet gehalten werden. Natürlich, weil sie dort immer noch mehrheitlich investiert sind. Was die heimischen Investoren vom Aktienmarkt halten, habe ich für die deutsche Börse und für Sie HIER schriftlich kommentiert – ein Videointerview finden Sie HIER.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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