Dollar am Morgen Märkte

Unheimlich viel Optimismus

am
8. April 2020

EUR USD (1,0865)             Vorhersagen sind schwer, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen, soll einmal Mark Twain gesagt haben. Ganz ähnlich dürften es gestern viele Akteure empfunden haben, denn was die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks gestern „ablieferten“, war eigentlich mehr als eine Korrektur im Bärenmarkt. Eine Korrektur, die durch den schwachen Schluss der US-Aktienmärkte allerdings wieder relativiert wurde.

Zumindest wenn man der unter Börsianern geläufigen, wenn auch fragwürdigen Definition folgen möchte, wurde die Baisse, die ihren Ursprung einst am Allzeithoch vom 19. Februar hatte, durch die starke Rallye der vergangenen beiden Handelstage beendet. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Aktienkurse 20 Prozent von ihrem Tiefpunkt in einem Bärenmarkt erholt haben. Diese Definition gilt für die US-Aktienmärkte, gemessen am S&P 500 Index, genauso wie etwa für den hiesigen DAX. Beide Indices hatten sich seit ihren Tiefpunkten vom März in der Spitze jeweils um rund 25 bzw. 23 Prozent erholt.

Bärenmarkt beendet?

Was auf langfristig orientierte Akteure fast wie eine Erlösung gewirkt haben mag, nachdem sie reglos während der fürchterlichen Kurseinbrüche des Vormonats die ganze Chose ausgesessen hatten, könnte für andere, kurzfristiger orientierte Marktteilnehmer bereits zu viel des Guten gewesen sein. Eine ordentliche Korrektur im Bärenmarkt, ja, aber gestern war es dann auch wieder nicht recht, weil zu viel.

Die Art, wie sich die Rallye entfaltete, darf durchaus als Indiz dafür gewertet werden, dass sich viele Akteure zwar auf eine deutliche Erholung der Aktienmärkte eingerichtet, aber nach einigen Prozent Gewinn auch wieder aus dem Geschehen verabschiedet hatten. Vielerorts mag man die relativ hohen Kurse von vorgestern zu neuerlichen Absicherungen oder Shortpositionierungen genutzt haben. Positionen, die, so verrät die anfänglich starke Kursentwicklung des gestrigen Tages, im Rahmen einer sogenannten Short-Squeeze auch gleich wieder eingedeckt werden mussten.

 

Erholung zu stark und zu schnell

Es ist ja auch verständlich, dass man am Montag noch an eine leichte Verbesserung der globalen Corona-Situation glaubte. Eine Verbesserung, die vor allen Dingen deswegen so positiv aussah, weil sie sich so wohltuend vom negativeren Stakkato der Pandemie-Nachrichten der vorangegangenen Wochen etwas abhob. Was allerdings nicht für die globalen ökonomischen Aussichten gilt. Da ist das Schlimmste noch nicht überstanden. Deswegen ist die Erholung der Aktienkurse für manch einen zu stark, weil zu schnell, ausgefallen.

 

Portfolio-Adjustierungen mit unterstützender Wirkung

Ich kann mich allerdings noch an einen Newsletter von Ende Februar erinnern, als ein Kommentator darauf hinwies, dass es Zeit sei, die Gewichtung in Portfolien, die aus Anleihen und Aktien bestünden, zu adjustieren. Also etwa, indem man einen durch Kursgewinne naturgemäß angewachsenen Bond-Anteil zugunsten vom durch Kursverluste massiv geschrumpften Aktienanteil reduziert, um die ursprünglich gewählte Gewichtung im Depot wiederherzustellen. Ich hatte seinerzeit hinsichtlich des Zeitpunktes (HIER,vorletzter Absatz) meine Zweifel angemeldet. Aber es kann natürlich gut sein, dass diese Adjustierungen unbeachtlich des fundamentalen Umfelds tatsächlich viel später vorgenommen wurden. Warum nicht nach Beginn eines neuen Quartals? Es wäre zumindest eine Erklärung dafür, warum die gestrige anfängliche Fortsetzung der Erholungstour an den Aktienmärkten vielen Akteuren so unangemessen erschienen sein mag. Denn die Unsicherheit in Sachen Corona-Pandemie samt deren ökonomischen Folgen mag sich bestenfalls subjektiv etwas verringert haben.

 

Dollar reagiert mit Verzögerung

Und dass sich zum Wochenanfang Risikofreude breitgemacht hatte, konnte man gestern mit einiger Verzögerung auch an der Entwicklung des US-Dollar ablesen, der zum ersten Mal nach vier positiven Handelstagen hintereinander eine Sitzung mit einem dicken Minus beendete. Im Zuge der gestrigen (korrektiven) Dollarschwäche hat sich nun auch der Euro zumindest vorübergehend etwas deutlicher erholen können, bleibt aber in instabilem Territorium und im kurzfristigen Abwärtstrend (Risiko mindestens bis 1,05), solange inzwischen 1,0995/00 nicht überwunden wird.

 

Wegen der bevorstehenden Feiertage wird die nächste Ausgabe von „Dollar am Morgen“ erst am kommenden Dienstag erfolgen. Ich wünsche Ihnen jedenfalls, trotz der derzeitigen Umstände, ein frohes Osterfest. Bleiben Sie gesund!

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

SCHLAGWÖRTER
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2 Kommentare
  1. Antworten

    City Immobilienmakler

    8. April 2020

    Danke für die Analysen, Techniken und Methoden die mir sehr weitergeholfen haben.

    LG Winni

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      8. April 2020

      Vielen Dank für das Feedback und frohe Feiertage!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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