Und er bewegt sich doch
EUR USD (1,1210) Devisenhändler dürften sich gestern darüber gefreut haben, dass sich der Euro zumindest ein bisschen bewegt hat – sofern sie auf der richtigen Seite lagen. Denn die gestrige Handelsbandbreite war mit rund 65 Stellen immerhin die zweitgrößte aus den zurückliegenden beiden Wochen. Aber lag es tatsächlich an den Fundamentaldaten, dass der Euro leicht unter Druck geriet? Oder hatten sich kurzfristig orientierte Akteure wegen der gestern anstehenden Wahl Ursula von der Leyens zur EU-Kommissionspräsidentin durch das EU-Parlament positioniert? Das Ergebnis der Abstimmung war nicht gerade überzeugend ausgefallen, und vorher galt es keinesfalls als gesichert, dass von der Leyen überhaupt genügend Stimmen zusammenbekommen würde.
Was die Fundamentaldaten betrifft, wäre immerhin die ZEW-Umfrage zu erwähnen, die bezüglich der Lageeinschätzung als auch der Erwartungen für Deutschland hinter der Median-Prognose der Ökonomen zurückgeblieben war. Indes: Trotz der miserablen Zahlen hatte der Euro bereits vor der Publikation der ZEW-Daten, die übrigens sehr häufig die Erwartung von Analysten und Börsianern widerspiegeln (vgl. auch den Börse Frankfurt Sentiment-Index vom vergangenen Mittwoch, der die Stimmung für Aktien auf dem tiefsten Stand des Jahres offenbarte), bereits die Hälfte seiner kleinen Abwärtsbewegung bis zum europäischen Handelsschluss absolviert. Dass gleichzeitig die Handelsbilanz der Eurozone positiv überraschte, interessierte dagegen kaum jemanden.
Weniger Angst bei den Fondsmanagern
Aus den USA gab es dann Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen, die auch bezüglich der Kernrate unerwartet positiv ausfielen. Aber diese Daten wurden vielerorts damit abgetan, dass sich die Fed über den US-Verbraucher ohnehin keine Sorgen macht und sich somit die Wahrscheinlichkeit für mindestens eine Zinssenkung per 31. Juli nicht verändert hat – sie bleibt bei 100 Prozent, ist aber damit dennoch keineswegs gewiss.
Interessantes förderte übrigens die gestern publizierte BofA Merrill Lynch-Umfrage unter internationalen Fondsmanagern zu Tage. Denn das Extremrisiko, der Handelskrieg zwischen den USA und China, liegt zwar immer noch auf Platz eins, wurde aber von deutlich weniger Fondsmanagern (36 Prozent nach 56 Prozent im Juni) als solches benannt. In der vom 5. bis 11. Juli zusammengestellten Umfrage ergab sich auch, dass die Fondsmanager nach extremer Vorsicht im Juni wieder risikofreudiger geworden sind. Kurzum: Das antizyklische Kaufsignal, das sich aus den Ergebnissen der vergangenen BofA Merrill Lynch-Erhebung ergab, wie auch unsere Vermutung, dass sich die Rallye am Aktienmarkt vor allem einer Kapitulationsbewegung und Fehleinschätzung vieler internationaler Fondsmanager verdankte, hat sich bestätigt. Indes: Extrem bleiben anscheinend die Positionierungen im US-Anleihen: Denn auch im zweiten Monat hintereinander gelten Long-Positionen in US-Bonds als das am meisten genannte Engagement („most crowded trade“), und die Renditeerwartungen lagen laut dieser Umfrage auf dem niedrigsten Stand seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Jahr 2008.
Unterdessen bleibt die Position des Euro weiterhin leicht angeschlagen, obgleich Ursula von der Leyen am Abend dann doch zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt wurde. Zumal der Stabilisierungspunkt bei 1,1330 ohnehin recht weit entfernt liegt und die Unterseite bis 1,1135/40 nach wie vor offen bleibt.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.