Tanz um ein Viertelprozent
Mangels anderer wichtiger Einflussfaktoren auf die Finanzmärkte konzentriert sich das Interesse der Akteure auf die kommende Sitzung der US-Notenbank, die allerdings erst in zwei Wochen stattfindet. Und so haben Mitglieder des Offenmarktausschusses noch einmal Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, ob nun endlich die Voraussetzungen für eine weitere Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte gegeben sind. Dabei scheinen sich die Marktteilnehmer grundsätzlich nicht darüber im Klaren zu sein, dass sich die ökonomischen Wahrnehmungswelten von Händlern und von den Entscheidern in der Fed doch voneinander unterscheiden müssten. So haben Börsianer aus den jüngsten, enttäuschenden Arbeitsmarkdaten, vor allen Dingen aber aufgrund der deutlich schlechter als erwartet ausgefallenen ISM-Indices von Dienstleistungen und Industrie vielfach die Schlussfolgerung gezogen, dass es im September wohl keinen Zinsschritt der Notenbank geben werde. Daher wurde von der gestrigen Rede des Chefs der Fed von San Francisco, John Williams, erwartet, wenn nicht erhofft, dass er angesichts der jüngsten Datenentwicklung – übrigens wie im Vorjahr zur gleichen Zeit – taubenhaftere Töne anschlüge.
Tatsächlich scheint der nicht stimmberechtigte Williams mit einem anderen Zeithorizont unterwegs zu sein, als die Akteure dies gerne hätten. Denn er favorisiert eine baldige Zinserhöhung, mit der Begründung, die US-Konjunktur habe sich doch von der Finanzkrise vollends erholt und sei robust genug. Wird sich aber tatsächlich eine Mehrheit für einen Zinsschritt im Offenmarktausschuss finden?
Markterwartung beeinflusst Fed
Stärker als die jüngsten Konjunkturdaten dürfte indes die Tatsache ins Gewicht fallen, dass der Markt derzeit eine Zinserhöhung kaum einpreist und sich die Wahrscheinlichkeit (vgl. Bloomberg) sowohl für eine Zinserhöhung im September auf zuletzt 24 Prozent (im Vergleich zu 42 Prozent am 26. August, nach der Rede der Fed-Präsidentin Janet Yellen in Jackson Hole), aber auch für Dezember deutlich verringert hat. Natürlich sollte sich die Fed von den kurzfristigen Markterwartungen in ihrer langfristigen Einschätzung nicht beeinflussen lassen. Zumal der Zeitpunkt für eine Zinserhöhung ohnehin nie der richtige sein wird. Aber ich befürchte, die Angst vor unvorbereiteten Marktteilnehmern und negativen Reaktionen am Aktienmarkt könnte das eine oder andere Mitglied des Offenmarktausschusses abermals zum Zögern veranlassen.
Was die heimischen Börsianer von der Entwicklung des DAX erwarten, hat die heutige Erhebung der Börse Frankfurt ans Licht gebracht – die jüngste Stimmungsumfrage habe ich HIER kommentiert.