Märkte

Sorglos sind die anderen

am
12. April 2017

Wenn man sich die jüngsten Kommentare zur den Finanzmärkten zu Gemüte führt, könnte man glatt den Eindruck gewinnen, die Welt stünde vor einem großen Knall. Und das vor Ostern. Trügerisch sei die Ruhe an den Märkten, lese ich etwa in der heutigen Ausgabe der Börsenzeitung. Und dann folgt ein großer Beitrag, in dem Experten der britischen Fondsgesellschaft M & G die Ansicht vertreten, dass der Markt möglicherweise derzeit die Risiken unterschätzt. Dabei handelt es sich sicherlich nicht um eine Außenseitermeinung, sondern vielmehr um den derzeitigen Common Sense. Denn es ist nun einmal hinlänglich bekannt, dass in Frankreich hinsichtlich der Präsidentschaftswahlen ein großes unwägbares Ereignisrisiko bevorsteht, die Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU möglicherweise nicht in freundschaftlicher Atmosphäre verlaufen könnten und  geopolitische Spannungen die Aktienmärkte bedrücken. Stichwort: Syrien und Nordkorea. Und dazu ein unberechenbarer US-Präsident.

All dies sind nachvollziehbare und berechtigte Argumente, und viele Akteure an den Finanzmärkten reiben sich verwundert die Augen, weshalb die Aktienmärkte nicht schon längst zusammengebrochen sind. Man selbst ist anscheinend sehr bedrückt und beklommen und sorgt sich vor allem darum, dass die anderen Börsianer zu sorglos sein könnten.

Diejenigen, die derzeit skeptisch sind, haben zumindest eines gemeinsam: Konsequenterweise dürften diese Akteure in Aktien eher untergewichtet oder gegen eine Korrektur des DAX hierzulande ordentlich abgesichert sein. Andernfalls würden die Kommentare positiver ausfallen. Denn die meisten Marktteilnehmer „reden ihr Buch“[1] vor allen Dingen dann besonders laut, wenn sich die erhofften Marktentwicklungen nicht einstellen. Das Schlimmste, was der Mehrheit der professionellen Anleger derzeit passieren kann, ist demnach ein plötzlicher Aufwärtsimpuls des Aktienmarktes. Dafür spricht – wenn man einmal von den zwangsläufigen bullishen Charttechnikern absieht – zunächst das Fehlen positiver Nachrichten.

Ob es tatsächlich zu einem großen bullishen Impuls kommen kann, könnte man der heutigen Stimmungserhebung der Börse Frankfurt entnehmen, die ich HIER kommentiert habe.

 

[1] Ursprünglich „talking one’s book“

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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