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Plötzliche Meinungswechsel – aber nicht beim DAX

am
16. Mai 2013

Wie schnell sich doch Stimmungen ändern können, habe ich mir gedacht, als ich heute vom Ergebnis der jüngsten Emnid-Umfrage[1] zum Spitzensteuersatz erfuhr. Wo doch vor nicht allzu langer Zeit das Politbarometer April II 2013 der Forschungsgruppe Wahlen noch eine Mehrheit von 52 Prozent befragter Bundesbürger/innen ausmachte, die sich für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes aussprachen. Vielleicht mag es ein bisschen an der Fragestellung gelegen haben, aber Emnid stellt nun fest[2], dass 63 Prozent der bundesdeutschen Wohnbevölkerung den derzeitigen Spitzensteuersatz für angemessen hält. Der gleiche Prozentsatz der Befragten stellt sich gegen die Steuerpläne der Grünen, einen Steuersatz für Singles in Höhe von 45 Prozent bereits ab einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro beziehungsweise 49 Prozent oberhalb von 80.000 Euro zu verlangen.

Jetzt könnte man natürlich einwenden, in der Zwischenzeit hätte der eine oder andere Bürger dieses Landes festgestellt, dass er mit seinem Einkommen womöglich viel eher als gedacht von diesen Plänen erfasst würde. Doch wenn man sich das Meinungsbild der Befragten getrennt nach Haushaltseinkommen einmal näher betrachtet, sind selbst diejenigen Personen, deren Einkommen unter 1.000 Euro netto im Monat liegen, mehrheitlich (52 Prozent) eher gegen die Steuerpläne der Grünen, während diese Gruppe ab einem vergleichbaren Einkommen von 2.500 Euro sogar auf 72 Prozent schnellt. Wahrscheinlich geht es vielen Befragten wie mir (ich habe mich zu diesem Thema bereits hier einmal geäußert): Es ist immer noch nicht ersichtlich, wofür diese erhöhten Steuereinnahmen, die ein erster Linie einer Umverteilung dienen sollen, eigentlich gedacht sind.

 

Stimuli nicht nur Notenbanksache

Natürlich fordert die EZB, aber auch die US-Notenbank immer wieder von den Politikern, dass diese, neben allen quantitativen Lockerungsprogrammen und Zinssenkungen der Zentralbanken, auch Ihren Beitrag für die Stimulierung der Konjunktur in Europa bzw. in den USA leisten müssen. Doch ein eine Umverteilung mit dem Ziel, am Ende noch mehr zu sparen, statt etwaige Steuermehreinnahmen aus solchen Programmen in konkrete und sinnvolle Strukturmaßnahmen zu stecken, dürften die Notenbanker dabei nicht im Sinn gehabt haben.

Zumindest in den USA scheinen die Zentralbanker etwas ins Grübeln gekommen zu sein, denn seit vergangenen Samstag geistert ein Artikel im Wall Street Journal in den Köpfen mancher Marktteilnehmer herum, wonach die Fed möglicherweise schon demnächst ihre quantitativen Lockerungen peu à peu zurückführen könnte. Zumindest sollen die Akteure offensichtlich auf derartige Schritte behutsam vorbereitet werden.

Immerhin durfte ich zu diesem Thema in meinem heutigen Interview, das Andreas Scholz vom Deutschen Anlegerfernsehen (DAF) mit mir führte, Stellung beziehen und auch die Folgen einer weiteren Zinssenkung der EZB  oder die Einführung  negativer Zinsen auf Einlagen, diskutieren. Dabei ist auch der Aktienmarkt und dessen weitere Entwicklung nicht zu kurz gekommen. Ob ich tatsächlich für den DAX bullish geblieben bin? – Dieses Gespräch können Sie hier abrufen.



[1] Im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)

[2] während eines Erhebungszeitraums vom 10. und 11. Mai 2013

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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