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Nur die Schnellen gewinnen beim Bank-Run

am
21. März 2013

Viele Lösungsvorschläge zum Zypern-Problem können derzeit bereits in dem Augenblick Makulatur sein, wo sie kommentiert werden. Dennoch scheint die Zwangsabgabe auf Bankeinlagen in Zypern noch nicht vom Tisch zu sein. Indes ist mir schleierhaft geblieben, warum eine nicht geringe Anzahl von Kommentatoren diese Abgabe als (Teil)Enteignung der Sparer bezeichnet. Abgesehen davon, dass Spareinlagen in Zypern deutlich höher als etwa in Deutschland verzinst wurden – auf diesen Umstand wies mich ein Leser des gestrigen Blogbeitrags von Herman Brodie hin – und diese höheren Zinsen letztlich auch eine Risikoprämie für diese Anlagen darstellten, wird die Abgabe den Bürgern schlicht und einfach nicht richtig verkauft. Denn es besteht nicht eine Wahl zwischen einem 100-prozentigen Erhalt der Einlagen oder deren Abwertung um bis zu rund 10 Prozent. Vielmehr handelt es sich um die Wahl zwischen einer Abwertung der Einlage oder deren kompletten Verlust, wenn die Banken zusammenbrechen sollten. Und genau und nur für diesen Fall würde ein staatliches Garantieversprechen, etwa ein Anlegerschutz bis 100.000 Euro, ziehen. Zu behaupten, eine Zwangsabgabe würde dieses Commitment infrage stellen ist, so gesehen, schlichter Unsinn. Aber man darf sich natürlich fragen, wer hinter diesem staatlichen Garantieversprechen am Ende steht: Diejenigen, die den Staat ausmachen, seine Bürger. So gesehen, sorgt ein so genannter Bail-in durch eine Zwangsabgabe zumindest dafür, dass der Staat solvent bleibt.

Am Zypern-Drama wird unterdessen wieder einmal deutlich, dass es am Ende ganz einfach nur um die Frage geht, wer die Schulden der schwächeren Länder der Eurozone bezahlen muss. Dieses Gefühl einer gemeinschaftlichen Verantwortung der Stärkeren für die Schwächeren funktioniert jedoch in der Eurozone nur begrenzt, etwa bei den Transferzahlungen, die jetzt schon stattfinden. Aber auch eine Ebene tiefer, beim Länderfinanzausgleich innerhalb Deutschlands geht schon das Gejammer der Stärkeren los, wenn sie für die schwächeren Bundesländer einstehen sollen. Oder, wenn die Reicheren in der Gesellschaft für die Ärmeren zahlen sollen. Ein Ausgleich, der oft noch nicht einmal in Familien funktioniert.

 

Zweifelhaftes Recht auf Sicherheit

In der Folge kämpft im Zweifel jeder für sich und sieht zu, wie er sein hart Erspartes irgendwie in Sicherheit bringt. Manch einer, indem er sein Geld von der Bank abhebt, in Gold tauscht, unters Kopfkissen legt oder anderweitig „in Sicherheit“ zu bringen glaubt. Dabei ist diese Sicherheit eine Illusion, denn im richtigen Krisenfall, der vielleicht sogar Unruhen mit sich bringt, kann man sich leicht ausmalen wie schnell man Geld und Gold womöglich mit Gewalt abgenommen bekommt. Im Namen dieser Sicherheit und dem Recht auf Eigentum, werden jedoch sowieso nur die Schnellsten beim vielerorts befürchteten Bank-Run noch ihr Geld bekommen und es so dem Abgabenschwert des Staates entziehen. Ist das sozial? Für die Langsamen bleibt der Geldautomat verschlossen. Mit anderen Worten – und das mag vielleicht für die Finanzkrise besonders gelten: Die Zeche müssen am Ende die Gläubiger bezahlen und nicht die Schuldner. Ein Risiko, wofür jene in guten Zeiten guten Zins und Zinseszins (Dinge die manche Zeitgenossen abscheulich und unmoralisch finden) bekommen haben.  

Dass sich die DAX-Investoren derzeit nur wenig von den zypriotischen Problemen beeinflussen lassen, zeigt die jüngste Stimmungserhebung, die wir mit der Börse Frankfurt durchgeführt und die ich hier kommentiert habe. Um die Detailanalyse hat sich dieses Mal mein Mitstreiter Gianni Hirschmüller gekümmert.

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5 Kommentare
  1. Antworten

    Hansjörg

    21. März 2013

    Wenn Banken pleite gehen, haben sie mißgewirtschaftet, fertig. Diejenigen mit Schulden bei der Bank werden sich eventuell freuen; diejenigen mit Guthaben werden sich vielleicht ärgern. So sind die Spielregeln. Bestimmt würden sich z.Bsp. die Hypothekenpfandrechte oder andere Sicherheiten im Insolvenzfall verkaufen lassen, um die Sparer (Gläubiger) nicht ganz leer ausgehen zu lassen.

    … Und ein Staat kann nicht insolvent gehen, egal wie schlecht es um seine Banken gestellt ist, wird sich die Wirtschaft stets weiterdrehen

  2. Antworten

    Horst Schmidtke

    24. März 2013

    Ihre Argumentation ist wieder einmal bestechend. Vielen Dank.

    Ich persönlich kann es sowieso nicht nachvollziehen, wieso sich Leute, die die bunt bedruckten Papierfetzen aus den Automaten ziehen sich danach sicherer fühlen. Der Fehler im System Zypern, Island etc. liegt und lag darin, dass man „Sparer“ aus aller Herren Länder mit absurd überhöhten Zinsen lockte. Deren Gier wird jedoch nur ansatzweise geahndet, das Gros der Suppe löffelt mal wieder der Steuerzahler aus.

    Der EU kann und muss man vorwerfen, das das Prinzip von Chance und Risiko ausgehebelt und die Risiken sozialisiert werden. Wer sein Geld zu Kaupting Edge nach Island trug, bekam 4 % mehr Zinsen als in Deutschland und hätte damit auch voll um Feuer bleiben müssen, da es Rendite nun einmal nur in Kombination mit Risiko gibt.

    Nachvollziehbar wären für mich persönlich z.B. 100000 € Vollkasko und danach volles Risiko. Dann ist eben das Geld (Sichteinlagen) weg, wenn die Bank zusammenklappt. So ist das Leben.

    Dann würde auch endlich darüber nachgedacht, dass Sichteinlage dummes, wenn nicht dümmstes Geld sind. Viel besser sind Investitionen in Sachwerte, wie Aktien oder Immobilien… Gold sollte man außen vor lassen, da hier der Markt letztlich ein synthetischer und von der wirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelter ist.

    Betrachtet man die Geldpreise der Vergangenheit könnte man eh von fallenden Notierungen ausgehen, da aktuell Notenbanken kaufen und diese bisher immer gute Kontraindikatoren waren, die im Low verkauften und im High anfangen zu kaufen.

    Wer sollte außerdem für Gold Kartoffeln verkaufen, wenn er doch gar kein Gold essen möchte?!

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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