Nicht so schlimm wie erwartet
EUR USD (1,1180) Nicht nur an den Aktienmärkten gilt der Satz, dass politische Börsen kurze Beine haben. Und ein Ökonom stellte gestern treffend fest, dass politische Börsen offenbar gar keine Beine mehr hätten. Nun bezog sich dieses Statement nicht nur auf die Wahlen zum Europäischen Parlament. Vielmehr haben Kommentatoren gerade in den vergangenen Wochen immer wieder festgestellt und bemängelt, die Finanzmärkte würden Risiken, die in Folge politischer Ereignisse entstehen, nicht mehr angemessen widerspiegeln. Wie zum Beispiel die Entwicklung im US-chinesischen Handelskrieg.
Nachdem sich mit dem Ausgang der Europawahlen die Befürchtung vieler Beobachter nicht erfüllt hat, dass es womöglich zu einem großen Sieg der Euro-Gegner auf Seiten der extremen Rechten kommen könnte, ist die Wahl in der Wahrnehmung der Finanzmarktteilnehmer fast in Richtung Bedeutungslosigkeit mutiert. Auch wenn die Zeitungen in ihren Schlagzeilen Nationalisten wie Matteo Salvini (Italien), Marine Le Pen (Frankreich) oder den Chef der Brexit Partei, Nigel Farage, hervorheben, dürften deren Erfolge das Europäische Parlament kaum in seinen Grundfesten erschüttern. Vielmehr werden sich die Wahlergebnisse vor allem auf die nationale Politik der jeweiligen Staaten auswirken. Kurzum: Es ist nicht so schlimm gekommen wie erwartet.
Zu dieser Einschätzung hat wesentlich beigetragen, dass sich die Erwartung, welche Rolle die Euroskeptiker im EU-Parlament künftig spielen würden, nicht erfüllt hat. Zwar haben jene ihren prozentualen Anteil gegenüber 2014 deutlich erhöht, aber ein Drittel aller Sitze, wie mancherorts befürchtet, ist es eben auch nicht geworden.
Auch wenn der Handel gestern wegen der Feiertage in Großbritannien und den USA in sehr ruhigen Bahnen verlief, versuchten Kommentatoren, die Mini-Spanne des Eurokurses von 30 Stellen bis zum Schluss der europäischen Handelssitzung zu erklären. Nicht zuletzt, weil einem Medienbericht zufolge, der sich auf ungenannte Quellen berief, bereits am 5. Juni ein Verfahren gegen Italien eingeleitet werden könnte. Und zwar wegen des Verstoßes gegen die EU-Schuldenregeln, der eine Strafe von 3,5 Mrd. Euro zur Folge hätte. Auch wenn ein solcher noch nie dagewesener Schritt tatsächlich umgesetzt würde, müsste er zuvor in einem monatelangen Verfahren zunächst das Placet der EU-Finanzminister bekommen.
Indes: Die Renditen italienischer Staatsanleihen haben reagiert und nach Tagen der Konsolidierung ihren Vorsprung gegenüber Bundesanleihen mit ähnlicher Laufzeit im zehnjährigen Bereich wieder schlagartig um 15 auf 280 Basispunkte erhöht. Der Euro bleibt unterdessen in seiner Konsolidierungszone zwischen 1,1110 und 1,1320/25 stabil, solange an der Unterseite 1,1145/50 nicht verletzt wird.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.