Dollar am Morgen Märkte Politik

Mindesterwartung erfüllt

am
1. Juli 2019

EUR USD (1,1350)             Was sollen nun die Finanzmarktteilnehmer mit dem Ergebnis des Treffens von US-Präsident Donald Trump mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Rande des G20-Treffens im japanischen Osaka anfangen? Die Aktienbörsen dies- und jenseits des Atlantiks dürften anziehen. Zumindest vorübergehend. Zwar haben sich die beiden Staatschefs auf eine Wiederaufnahme ihrer Verhandlungen geeinigt und die USA angekündigt, ihre Absicht, die Zölle zwischen 10 bis 25 Prozent auf China-Importe im Wert von 300 Milliarden USD auszuweiten, zunächst einmal nicht weiter zu verfolgen. Auch bei den Lieferungen technologischer Produkte an den chinesischen Telekomgiganten Huawei zeigte sich Trump kompromissbereit und will diese teilweise wieder zulassen. Allerdings bleibt offen, wie lange diese Ausnahmeregelung Bestand haben wird. Offen, wie so vieles, denn tatsächlich ist doch bei jenen bilateralen Gesprächen nicht viel mehr herausgekommen als gute Absichten und große Versprechen. Und ein unbefristeter Waffenstillstand. Natürlich hätte es schlimmer kommen können.

 

Zwei Schritte vor, einer zurück

Kurzum: Mit dem Waffenstillstand im US-chinesischen Handelskonflikt ist das Mindeste vereinbart worden, was sich die Akteure weithin erhofft hatten. Und es passt zur typischen Strategie Trumps im Handelskonflikt, zwei Schritte aggressiv nach vorne zu machen, um dann – möglicherweise auch nur scheinbar – konziliant und entgegenkommend wieder einen Schritt zurückzunehmen. Denn vieles fühlte sich am vergangenen Freitag und Samstag so an wie das Treffen von Trump und Xi während des G20-Gipfels in Buenos Aires im vergangenen Jahr. Letztlich scheint für Trump aber nur eines wichtig: Seine Wiederwahl als US-Präsident im kommenden Jahr. Und dafür braucht er eine Entwicklung im Handelskonflikt mit China, die sowohl eine stabile Aktienbörse als auch eine florierende Wirtschaft gewährleistet. Und eine zu schnelle Lösung könnte sich aufgrund schneller Gewöhnungseffekte der Märkte (und der US-Wähler) dabei sogar als kontraproduktiv herausstellen.

 

Deal für EU und Mercosur

Unterdessen sind Europäer und Südamerikaner enger zusammengerückt. Denn nach einer Verhandlungsdauer von 20 Jahren (!) haben sich die EU und der südamerikanische Staatenbund Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) beim Gipfel in Osaka zusammengerauft und gemeinsam beschlossen, die größte Freihandelszone der Welt aufzubauen. Abgesehen von der ökonomischen Dimension (2018 betrugen die Exporte von EU-Unternehmen in die Mercosur-Staaten rund 45 Mrd. EUR, verglichen mit Importen von rund 43 Mrd. EUR), wird die Übereinkunft als klares politisches Signal an die USA gewertet.

An der Situation des Euro hat sich indes nicht viel verändert, zumal das erste wichtige Nachfrageniveau bei 1,1345 auch am Freitag nicht beschädigt wurde. Im kurzfristigen Bild bleibt allerdings 1,1265 die wichtigere Marke, da unterhalb davon vor 1,1170 (oder erst bei 1,1110) nur wenig Nachfrage zu erwarten wäre. Um jedoch das Momentum für weitere Avancen des Euro zu erhalten, sollte möglichst schnell die erste Hürde an der Oberseite bei 1,1425/30 genommen werden. Darüber reicht die Perspektive für weitere Kursgewinne bis 1,1515.

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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