Dollar am Morgen Märkte

Heiß geliebte Eurozone

am
15. Juli 2020

EUR USD (1,1400)             Eigentlich müsste der Euro gegenüber dem US-Dollar viel fester sein. Zu diesem Schluss könnte man kommen, wenn man das Ergebnis der gestern publizierten Umfrage der Bank of America (BofA) unter internationalen Fondsmanagern betrachtet. Denn in der Erhebung, die zwischen dem 2. und 9. Juli stattfand, gaben netto 16 Prozent[1] der befragten Fondsmanager an, in Aktien der Eurozone übergewichtet zu sein. Das bedeutet ein Plus von 9 Prozentpunkten gegenüber dem Juni und eine massive Verbesserung gegenüber der Mai-Umfrage, bei der noch per Saldo 17 Prozent der Vermögensverwalter eine Untergewichtung in dieser Region vermeldeten.

 

Euro für günstig gehalten

Natürlich könnte man jetzt einwenden, dass die ausländischen Fondsmanager womöglich ihre Eurozonen-Engagements umgehend gegen Euro-Kursrisiken abgesichert haben. Aber dagegen spricht, dass immerhin netto 44 Prozent der Fondsmanager in der gleichen Umfrage erklärten, sie hielten den Euro für günstig. Und auf Basis einer solchen Einschätzung wäre es nicht gerade konsequent, sich etwa als institutioneller US-Investor gegen einen Kursverfall der Gemeinschaftswährung abzusichern.

 

Kassenquote leicht gestiegen

Aber die Umfrage zeitigte auch noch etwas anderes: Die Kassenquote stieg trotz des Kursanstiegs in Wall Street wieder an und erhöhte sich im Juli auf 4,9 Prozent (Vormonat 4,7%). Auch wenn dieser Wert nicht wesentlich über dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre liegt (4,7 %), wird doch deutlich: Es ist noch genug Munition vorhanden, um sich vor allem in den Aktienmärkten zu engagieren. Dies umso mehr, als die Renditen für US-Staatsanleihen nicht gerade attraktiv erscheinen. Außerdem sind bislang nur netto 5 Prozent der Befragten in den Aktienmärkten auf globaler Ebene übergewichtet.

Dass die Portfolio-Manager immer noch ihr Pulver trocken halten, mag daran liegen, dass sie eine zweite Covid-19 Welle befürchten – 52 Prozent der von der BofA Befragten bezeichneten dies nach wie vor als größtes Marktrisiko. Auch halten die internationalen Fondsmanager die Aktienmärkte immer noch für überbewertet: 71 Prozent – minimal weniger als im rekordverdächtigen Juni – sind dieser Meinung.

 

Interessante Euro-Konstellation

Nun hat der Euro gestern im Prinzip das gemacht, was sich eine große Anzahl von Fondsmanagern erhofft: Er ist gestiegen. Aber eben mit der Bürde, dass die internationalen Vermögensverwalter – und mit ihnen vermutlich andere mittelfristig orientierte Akteure – bereits in der Gemeinschaftswährung engagiert sind. Nicht umsonst glauben nun 42 Prozent der Befragten (Vormonat 30 %), dass sich der Euro befestigen wird. Allerdings sind die hinter diesem Optimismus befindlichen Engagements bereits in der Vergangenheit getätigt worden. Ob von dieser Seite noch weitere signifikante Nachfrage aufkommen wird? Auch gestern hat der Euro wieder keinen kurzfristigen Aufwärtstrend begründen können, zumal wichtige Referenzpunkte aus diesem Jahr (1,1425 und 1,1490) noch nicht überwunden wurden. Aber die Gemeinschaftswährung bleibt in guter Verfassung, solange nun nicht mehr 1,1290/95 an der Unterseite verletzt wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

[1] „Netto übergewichtet“ bedeutet Anzahl der Fondsmanager, die dies angaben, abzüglich derjenigen, die das nicht tun.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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