Geld für (fast) alle
EUR USD (1,1040) Es war wieder einmal Stress aufgekommen am gestrigen Handelstag. Stress, der nicht nur die Aktienmärkte belastete, sondern im Devisenhandel zu starker Dollar-Nachfrage führte. Stress, dieses Mal bei den kurzfristigen Schuldverschreibungen für große Unternehmen, den sogenannten Commercial Papers.
Zurück nach 2008
Dabei handelt es sich um kurzlaufende unbesicherte Anleihen, mit deren Erlös etwa Gehälter und Lieferanten bezahlt werden. Weil aber dieser Markt während der vergangenen Tage praktisch eingefroren war und Großunternehmen drohten, auf ihren kurzfristigen Commercial Papers sitzen zu bleiben, die normalerweise von Geldmarktfonds angekauft werden, hat die US-Notenbank gestern kurz nach Eröffnung der Handelssitzung eine weitere außergewöhnliche Maßnahme ergriffen, um die Stabilität der Finanzmärkte zu sichern.
Denn statt der Geldmarktfonds wird nun die Fed als Aufkäuferin aktiv. Und dafür greift die Notenbank auf ein Instrument zurück, das bereits während der Finanzkrise im Jahr 2008 zur Anwendung kam. Über dieses sogenannte SPV (Special Purpose Vehicle) werden die Commercial Paper der Unternehmen angekauft, wobei die damit verbundenen Kredite über einen Fonds des Schatzamts, den ESF (Exchange Stabilisation Fund), besichert werden.
Mnuchins Helikoptergeld
Tatsächlich ließ es sich Finanzminister Steven Mnuchin gestern nicht nehmen, die Wiedereinführung dieser Kreditlinie im Rahmen des Corona-Briefings im Beisein von US-Präsident Donald Trump persönlich anzukündigen. Aber die guten Taten der US-Regierung sollen noch weiter gehen. So kündigte Mnuchin an, dass Zahlungen der Steuerpflichtigen bis zu 90 Tage hinausgezögert werden können. Aber er arbeite an einem wahrscheinlich „noch größeren“ Paket, als dies in den Medien bislang bekannt gewesen sei (850 Mrd. USD), so Mnuchin. Danach sollen unter anderem die Amerikaner – gedacht ist an Empfänger von niedrigen und mittleren Einkommen –schnell mit Geld versorgt werden. Im Gespräch ist die Versendung von Schecks (à 1.000 USD pro Person?) innerhalb der kommenden beiden Wochen.
Kurzum: Hinter dem immer wieder bemühten Bild des Bargelds, das aus einem Hubschrauber abgeworfen wird („helicopter money“), um die Wirtschaft anzukurbeln, scheinen also nicht nur quantitative Lockerungen der Notenbank zu stecken. Vielmehr sollen Bürger direkt in den Genuss solcher Zahlungen kommen. Es wird nicht lange dauern, bis auch hierzulande der Ruf nach Helikoptergeld für alle zur Abmilderung der ökonomischen Folgen der Corona-Krise laut werden wird.
Starke Dollar-Nachfrage
Nun dürfte gestern – auch wenn dies im zeitlichen Zusammenhang naheliegend scheint – nicht der miserabel ausgefallene ZEW-Index in erster Linie für den Absturz des Euro verantwortlich gewesen sein. Dabei wird die derzeitige wirtschaftliche Lage von den Befragten in Deutschland so negativ wie zuletzt im März 2010 eingeschätzt (-43,1), und die Konjunkturerwartungen liegen (-49,5) noch niedriger. Vielmehr dürfte die eingangs erwähnte angespannte Situation bei den Commercial Papers zu deutlich erhöhter Dollar-Nachfrage geführt haben. In diesem Zusammenhang ist der Euro gestern mit einem Tagesverlust von rund 1,6 Prozent deutlich unter die Räder geraten, hat sich aber nach der Maßnahme der US-Notenbank wieder etwas erholt. Im gleichen Zuge ist der kurzfristige Aufwärtstrend zum Erliegen gekommen.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.