Märkte

Geborgter Aufschwung

am
12. September 2013

Immer wieder ist zu lesen, der Anstieg der Renditen im US-Bondmarkt sei mit deren massiven Aufwärtstrend aus dem Jahre 1994 vergleichbar. Natürlich suchen die Ökonomen immer wieder gerne nach historischen Parallelen. Und wenn sich Geschichte schon nicht wiederholt, weil angesichts einer bislang in dieser Form noch nie da gewesenen Situation infolge quantitativer Interventionsprogramme der Fed das Ziehen solcher Vergleiche eigentlich auch nicht statthaft ist, versucht man zumindest – im Sinne von Mark Twain[1] – nachzuhören, ob sich die Geschichte der Anleihemärkte zumindest mit der damaligen Entwicklung reimt.

Sicherlich versucht man beim Herausfinden historischer Parallelen das eigene Kontrollbedürfnis, den Wunsch nach Prognosen, zu stillen. Und wenn nicht wenige Akteure derzeit Ähnlichkeiten in der Bondmarkt-Entwicklung von vor knapp 20 Jahren sehen wollen, ist dies wohl auch dem Umstand geschuldet, dass es sich beim diesjährigen Renditeanstieg infolge der Ankündigung der Tapering-Programme der US-Notenbank um eine Trendwende mit Ansagen handelt. Eigentlich ist dies das Schönste, was einem Händler passieren kann: Eine Trendwende rechtzeitig zu erkennen und von ihr zu profitieren.

In den vergangenen Wochen konnte man immer öfters vernehmen, die stärkere US-Konjunktur sei für den jüngsten Anstieg der Anleiherenditen ursächlich gewesen. Für mich bleibt dennoch bei diesem für viele überraschend gut ausgefallenen wirtschaftlichen Aufschwung der USA ein großes Fragezeichen. Denn der für alle spürbare Renditeanstieg hat auch für Konsumenten Signalwirkung: Wer etwas anzuschaffen hat, wird dies schleunigst tun, weil die Kredite eigentlich nur teurer werden können. Zumal, wenn die Notenbank diesen Trend auch noch ausgelöst hat. So gesehen, wird die US-Konjunktur derzeit auch durch vorgezogene Anschaffungen angekurbelt – eine Reaktion der Verbraucher, wie wir sie hierzulande etwa im Anschluss an eine angekündigte Mehrwertsteuererhöhung in der Vergangenheit schon einmal beobachten konnten.

Obgleich sich auch am Aktienmarkt die Stimmung zum Positiven gedreht hat, ist dennoch eine Zurückhaltung der Börsianer unverkennbar – man kann fast den Eindruck bekommen, bei den DAX-Händlern herrsche Zwangsoptimismus. Eine Analyse der von der Börse Frankfurt erhobenen Sentiment-Daten hat mein Kollege Gianni Hirschmüller deswegen hier veröffentlicht. Ich bin hier der Frage nachgegangen, wie stark es um den Glauben an steigende Kurse bei den neu hinzugekommenen Optimisten tatsächlich bestellt ist.



[1] „History doesn’t repeat itself, but it does rhyme“

 

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5 Kommentare
  1. Antworten

    Bernd Veith

    12. September 2013

    Ich bin mir mit der Nachhaltigkeit von steigenden Zinsen nicht so sicher. Können sich dies die USA und Europa nachhaltig leisten? Waren denn nicht die Subprime-RMBS aus den USA die Auslöser der Finanzkrise ? Dabei bedeutet die Bezeichnung „Subprime“ Hypothekendarlehen an Kreditnehmer geringer Bonität, von geringen oder unsicheren Einkommen. Sie wurden in aggressivem Vertrieb mit niedrigen Anfangsraten und hoher Beleihungsquote vergeben. Als steigende Zinsen mit fallenden Immobilienpreisen zusammenfielen, stiegen die Zahlungsausfälle deutlich an. Erschreckende Parallelen, wie ich finde, zu dem “Subprime-OMT” Programm der EZB. ….und wenn jetzt die Zinsen steigen……..perfektes Szenario für die ultimative Blase!

  2. Antworten

    Joachim Goldberg

    12. September 2013

    Was die Nachhaltigkeit steigender Zinsen angeht, bin ich voll bei Ihnen! Die Frage die sich mir stellt ist allerdings: Wer kann diesen sich gerade verselbständigenden Renditetrend am Ende noch kontrollieren?

  3. Antworten

    Bernd Veith

    12. September 2013

    Was geschieht bei Kontrollverlust? Soziale Hilflosigkeit! ….und die Folgen davon kennen wir.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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