Fette Weihnachtsfeier
Neulich sagte mir ein Mitstreiter, wenn in vier Jahren die erste Amtszeit Donald Trumps vorbei sei, würden in den USA einige Wenige um ein Vielfaches reicher sein als heute. Und die große Masse, die sich von der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten eine bessere Zukunft und mehr Gerechtigkeit versprochen hat, dürfte dann insgesamt noch schlechter als heute dastehen. Mit anderen Worten: Die Ungleichheit, die während der vergangenen Jahre einem vielerorts verhassten Establishment zugeschrieben wurde, wird sich noch verschärfen. Auch wird es in einigen Monaten wahrscheinlich kaum jemanden mehr interessieren, ob die US-Wahlen möglicherweise durch russische Hacker beeinflusst wurden. Nicht nur, weil wir uns an diese Diskussion gewöhnt haben werden, sondern weil uns gerade das Beispiel Trump wieder einmal zeigt: „The winner takes it all“. Und es soll hinterher niemand sagen, der designierte Präsident sei bezüglich dieses Credos unehrlich gewesen.
Jenem Motto scheinen sich auch die internationalen Investoren verschrieben zu haben. Gemessen an deren Euphorie und an der Entwicklung der US-Aktienmärkte, scheint der designierte US-Präsident Trump geradezu als Heilsbringer gefeiert zu werden. Deswegen gibt es auch keine weiteren Fragen. Hatte man vor dem Wahltag im vergangenen November eine Wahl Donald Trumps als möglicherweise hohes Risiko für die Finanzmärkte eingestuft, ist von dieser Befürchtung nunmehr nicht mehr viel zu spüren. So zeigt etwa die jüngste Fondsmanager-Umfrage von BofA Merrill Lynch, dass nicht nur per Saldo 57 Prozent der Befragten auf Sicht von einem Jahr mit einem stärkeren globalen Wachstum rechnen. Vielmehr glaubt ein fast genauso hoher Anteil – es handelt sich um den höchsten seit sechseinhalb Jahren – an rosige Aussichten für Unternehmensgewinne. Überdies zeigt die Umfrage, dass sich die Finanzmärkte auf eine fiskalpolitische Lockerung in den USA vorbereiten. Dies schlägt sich vornehmlich in den Aktienkursen nieder, und weil viele Akteure ausgesprochen bullish gestimmt und entsprechend positioniert sind, wird etwa das Risiko eines Handelskriegs – es scheint als Einzelrisiko in der Umfrage keine Rolle mehr zu spielen – offenbar ausgeblendet.
Aber ohne Europa
Leider zeigt die Fondsmanager-Umfrage auch etwas Anderes: Europa wird von all der positiven Stimmung am Ende nicht allzu viel abbekommen. Denn per Saldo hat sich ein Prozent der Vermögensverwalter dafür entschieden, den Anteil europäischer Aktien in den Portfolien unterzugewichten – im Vormonat ergab sich diesbezüglich noch eine Übergewichtung von 8 Prozent. Diese Aversion wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die Befragten als höchstes Extremrisiko ein Zerbrechen der EU oder einen Bankenausfall in einem der EU-Länder angeführt haben. Damit hat sich auch meine Annahme bestätigt, dass sich der jüngste Aufwärtstrend im hiesigen Markt nicht auf langfristige Nachfrage durch ausländisches Kapital stützen kann.
Dennoch hat sich der zum Teil auch jahreszeitbedingte Kaufrausch im deutschen Aktienmarkt zu einer Jahresendrallye entwickelt, was sich in der heutigen Stimmungserhebung der Börse Frankfurt niederschlägt, die ich HIER kommentiert habe: Es hat eine Überraschung gegeben.