Einseitige Beurteilung von Preisstabilität
Gerade weil diese Woche wieder einmal von wichtigen Event-Risiken gekennzeichnet ist, spielt die Stimmung der Investoren an der Börse Frankfurt für mich eine wichtige Rolle. Daher habe ich eine eingehende Analyse zum Sentiment mittelfristiger institutioneller und privater Anleger auch heute für die Börse Frankfurt HIER zur Verfügung gestellt.
Von den zu erwartenden Ereignis-Risiken ist zweifellos die morgige Sitzung der Europäischen Zentralbank das wichtigste, gefolgt vom US-Arbeitsmarkt, dessen Bericht am Freitag zur Veröffentlichung ansteht; allerdings messe ich ihm keine allzu große Bedeutung bei.
Bei der EZB-Sitzung geht es letztlich um die Frage, welche ABS-Qualität die EZB anzukaufen bereit ist – gerade angesichts der jüngsten Inflationszahlen, die noch einmal niedriger als erwartet ausgefallen sind. Während man innerhalb der EZB durchaus mit dem Gedanken spielt, auch die Tranchen forderungsbesicherter Wertpapiere minderer Qualität anzukaufen, urteilen Kritiker, die EZB werde damit zu einer Bad Bank. Ist eine Zentralbank aber nicht auch „lender of last resort“? Sicherlich hat Finanzminister Schäuble recht, wenn er ABS-Käufen kritisch gegenüber steht, weil er einen möglichen Interessenskonflikt zwischen der EZB in der Rolle als geldpolitische Entscheidungsinstitution einerseits und als Bankenaufseher andererseits sieht. Aber darüber hinaus?
Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich Stimmen vernehme, die die Meinung vertreten, dass die Bundesregierung das Mandat der EZB, sich um Preisstabilität zu kümmern, recht einseitig auslegt: Preisstabilität bedeutet demnach Schutz vor Inflation – an Deflation wird anscheinend nicht gedacht. Möglicherweise, weil die Deutschen in ihrer Geschichte besonders schlechte Erfahrungen mit Inflation gemacht haben, während dagegen zumindest hierzulande gleichwertige Erfahrungen mit der Deflation bislang ausgeblieben sind.