Dollar am Morgen Märkte

Die Fed ist doch nicht ganz allein

am
5. März 2020

EUR USD (1,1130)             Fast schien es so, als ob die US-Notenbank im Anschluss an die enttäuschende Telefonkonferenz der G7-Finanzminister und Notenbanker vom Dienstag allein auf weiter Flur stehen würde. Und so gab es nicht wenige Kommentatoren, die den Beinahe-Alleingang der Fed – bereits zuvor hatte immerhin die Nationalbank von Australien die Zinsen gesenkt – als vertane Chance abtaten. Denn eine konzertierte Aktion hätte der Zinssenkung der Fed von 50 Basispunkten, so die Marktlogik, weitaus mehr Eindruck verliehen. Nun hat gestern die Bank of Canada ebenfalls die Zinsen um 50 Basispunkte gesenkt, und von der Bank of England (BoE) erwarten die Akteure mittlerweile Ähnliches. Nicht nur, dass die Händler laut Bloomberg gestern Abend einer Zinssenkung von 50 Basispunkten eine 60-prozentige Wahrscheinlichkeit zubilligten. Auch geht man mancherorts davon aus, dass die BoE nicht bis zu ihrer nächsten turnusmäßigen Sitzung am 26. März mit einem derartigen Schritt warten wird.

 

Sitzung im Stillen

Und die EZB? Einem Medienbericht zufolge, der sich auf Quellen berief, die angeblich mit der Angelegenheit vertraut seien, hat es am Dienstag im Anschluss an den Zinsbeschluss der US-Notenbank wohl auch eine außerplanmäßige Sitzung des EZB-Rates gegeben, um die Folgen der Coronavirus-Epidemie für die Eurozone zu erörtern. Allerdings hätte eine geldpolitische Reaktion der Zentralbank nicht auf der Tagesordnung gestanden. Wartet die EZB möglicherweise auf die Fiskalpolitik?

Es ist aber auch gut möglich, dass die EZB, deren Präsidentin Christine Lagarde sich vorgestern zu Wort meldete und ein für viele nicht gerade überzeugendes Statement abgab, in sich gespalten ist. Zumindest gilt der Widerstand einiger nationaler, falkenhafter Zentralbanken, darunter auch die Deutsche Bundesbank, gegen umfangreiche geldpolitische Lockerungen, als gewiss.

 

US-Aktienmärkte und Dollar erholt

Nachdem die US-Aktienmärkte noch am Mittwoch im Zuge des Fed-Alleingangs erneut in die Knie gegangen waren, präsentierten sie sich gestern in einem stark verbesserten und erholten Zustand. Vielleicht gar nicht einmal, weil sich wohl doch peu à peu einige Notenbanken zu geldpolitischen Stimulus-Maßnahmen durchringen werden. Vielmehr dürfte auch der überraschende Sieg Joe Bidens am sogenannten „Super Tuesday“ bei den Vorwahlen der US-Demokraten für gute Stimmung gesorgt haben. Denn die Finanzmärkte werden sicher den als moderaten Zentristen geltenden Biden als Herausforderer von US-Präsident Donald Trump bei den Wahlen im November dem bisherigen Favoriten Bernie Sanders vorziehen.

Schließlich einigten sich auch noch Unterhändler des Repräsentantenhauses und des Senats auf ein 8 Mrd. USD schweres Corona-Hilfsprogramm als fiskalpolitische Maßnahme.

Von der Kauflaune der US-Aktienmarktteilnehmer profitierte gestern am Ende auch der US-Dollar, der dem Euro im Rahmen seines kurzfristigen Aufwärtstrends (Potenzial bis 1,1450) zum ersten Mal seit acht Handelstagen wieder einmal etwas deutlicher zusetzte. Allerdings blieben die Korrekturen bereits an unserem ersten einfachen Nachfrageniveau hängen und beließen die Gemeinschaftswährung in ihrem stabilen Umfeld, das ohnehin nur unterhalb von 1,0990 in Gefahr geraten würde.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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