Märkte Wirtschaft

Diamantenfieber

am
20. September 2012

Las gestern mit großem Interesse in der Süddeutschen Zeitung (online), dass im hohen Norden Sibiriens das bislang größte Diamantenvorkommen der Erde entdeckt worden sei. Zumindest verkündeten russische Wissenschaftler diese Nachricht am vergangenen Wochenende auf dem Innovationsforum „Interra 2012“. Angeblich sollen die Sowjets diesen riesigen Schatz bereits in den 1970er Jahren unter einem 35 Millionen Jahre alten Asteroiden, dem so genannten Popigai-Krater entdeckt, aber aus verständlichen Gründen geheim gehalten haben. Denn die UdSSR habe damals mit der Förderung eigener Diamanten in Mirny (Yakuita) [1] bereits viel Geld im gut kontrollierten Weltmarkt verdient und wollte diese Profite nicht durch ein Überangebot gefährden. Laut der russischen Nachrichtenagentur ITAR-Tass sollen die Diamanten von Poppigai übrigens doppelt so hart wie normale Edelsteine dieser Art beschaffen sein, ideal für die industrielle und wissenschaftliche Nutzung. Mehr noch, soll das Volumen der im Gestein enthaltenen Diamanten mehr als das zehnfache aller bislang in der Welt bekannten Reserven betragen. Billionen von Karat also. Dazu nehmen sich die Vorkommen dieses harten Edelsteins in Yakuita mit 1 Milliarde Karat im Vergleich geradezu läppisch aus.

Für Fachleute scheint dieses neue Diamantenvorkommen allerdings schon lange kein Geheimnis mehr zu sein, zumal die Qualitätsunterschiede von Diamanten eine große Bandbreite umfassen. So soll der Preis für ein Karat zwischen 76 und 1600 $ im Jahre 2011 gelegen haben. Ganz zu schweigen von den hohen Förderkosten im entlegenen Sibirien, womit die Entdeckung des Milliardenschatzes wieder ins richtige Licht gerückt würde.

 

Unentdeckter Goldschatz könnte Preise massiv drücken

Immerhin können solche Nachrichten durchaus für Aufregung sorgen, sofern sie nicht – wie in diesem Fall geschehen – relativiert werden. Zumal wenn, wie die Süddeutsche Zeitung richtigerweise darauf hinweist, der Wert von Diamanten viel schwerer zu bestimmen sei, als der von Gold. Was mich natürlich direkt auf den Gedanken brachte, was wohl mit dem Goldpreis passieren würde, wenn irgendwo auf der Erde ein riesiges Vorkommen des gelben Metalls entdeckt oder nach jahrzehntelanger Geheimhaltung mit einem Male publik gemacht würde. Das wäre in der Tat keine gute Nachricht für Goldbugs und bliebe auch nicht ohne Auswirkung auf den Goldpreis. Über den mancherorts geäußerten Wunsch nach einer Rückkehr zum Goldstandard möchte ich in diesem Zusammenhang gar nicht nachdenken.

Auch im Aktienmarkt scheint man sich insgeheim ein großes, bislang unentdecktes, Aktienvorkommen, sprich ein deutliches Angebot an deutschen Standardwerten, dringend herbeizusehnen, damit das Börsenbarometer etwas nachgeben kann. Denn immer noch wartet die Mehrheit der von der Börse auf Frankfurt wöchentlich Befragten institutionellen Marktteilnehmer darauf, dass es zu einem veritablen Rückschlag im Aktienmarkt kommt, um endlich aus ihren Short-Positionen bzw. ihrer Untergewichtung mit nicht allzu großem Schaden herauszukommen. Wie weit eine solche Abwärtskorrektur reichen könnte und was wahrscheinlich geschehen wird, wenn diese Reaktion ausbliebe, haben meine Kollegen Christin Stock (hier) und Gianni Hirschmüller (mit einer neuen Detailanalyse!) für die Börse Frankfurt kommentiert.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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