Der Schein trügt
EUR USD (1,0935) Nun sollte man in diesen Zeiten wirklich nicht viel auf Wirtschaftsdaten geben. Darauf weise ich schon seit Tagen hin. Aber es hatte schon fast etwas Symbolhaftes, als gestern – wohl gemerkt für den Monat Februar – die Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen in Deutschland publiziert wurden. Denn diese fielen besser als erwartet aus. Aber augenblicklich geriet der Euro dennoch unter Druck, als ob er den Akteuren sagen wollte: „Glaubt den ganzen Quatsch nicht!“
Eine versteckte Anomalie
Und das galt auch für die weiteren Veröffentlichungen ökonomischer Daten am gestrigen Handelstag. So etwa für den US-Einkaufsmanagerindex in der Industrie in der Version des ISM, der im März zwar mit 49,1 wieder im Kontraktionsbereich notierte, aber gleichzeitig die positivste Prognose von 73 Ökonomen noch übertraf. Den meisten Kommentatoren war klar, dass dieser Wert aufgrund einer Anomalie verfälscht war. Denn ein Teilindex, der die Lieferzeiten der Zulieferer umfasst, war übermäßig aufgebläht. So hatten sich diese nicht etwa aufgrund massiv gestiegener Güternachfrage, sondern wegen der Corona-Pandemie und den deswegen unterbrochenen Lieferketten stark erhöht. Blickt man nämlich auf andere Komponenten, fielen die Neuaufträge, aber auch der Teilindex der Beschäftigung jeweils auf den niedrigsten Stand seit Frühjahr 2009. Kurzum: Der Gesamtindex zeichnet ein zu positives Bild.
Weiteres Zahlenwirrwarr wahrscheinlich
Auch die Zahlen der privaten Arbeitsmarktagentur ADP, die gestern ebenfalls für den Monat März veröffentlicht wurden, fielen auffallend gut aus. Denn es ist kaum anzunehmen, dass im März nur 27.000 Menschen in den USA ihren Arbeitsplatz verloren haben, wenn man die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe vom vergangenen Donnerstag (+ rd. 3,3 Mio.) zurate zieht.
Nicht umsonst wies ein Kommentator darauf hin, dass auch der für morgen erwartete US-Arbeitsmarktbericht ein zu rosiges Bild vermitteln könnte. Denn die Veränderung der Stellen im Nicht Agrarbereich (Nonfarm Payrolls) umfasse lediglich die gemeldeten Stellen bis zum 12. März, also noch vor dem landesweiten ökonomischen Stillstand in den USA.
Man darf also getrost davon ausgehen, dass die gestrige Dollarstärke nicht etwaigen ökonomischen Sachverhalten, sondern schlichtweg einer wieder aufgekeimten Risikoaversion geschuldet ist. Und dabei hat sich auch der Euro abermals abgeschwächt und dem wichtigen Niveau von 1,0890 genähert. Nach dessen Unterlaufen wäre die in der vorangegangenen Woche erreichte Stabilität der Gemeinschaftswährung dahin. Darüber hinaus würde unterhalb von 1,0830/35 abermals ein kurzfristiger Abwärtstrend (in Richtung 1,0500) eröffnet.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.