Dollar am Morgen Märkte

Der Ruf nach Einigkeit

am
22. November 2019

EUR USD (1,1060)             War es der Ruf nach mehr Einigkeit, der aus dem gestern publizierten Protokoll zur EZB-Sitzung vom 24. Oktober herauszulesen war, der dem Euro kurzzeitig zu einem kleinen Sprung verholfen hatte? Wohl kaum. Denn man kann sich nur allzu gut vorstellen, dass in der letzten Sitzung des EZB-Rates unter Leitung von EZB-Präsident Mario Draghi einige Streitpunkte zur Wiederaufnahme der Anleihekäufe in Milliardenhöhe zu schlichten waren. Trotz aller notwendigen Diskussionen „wurde es als wichtig erachtet, einen Konsens zu bilden“, hieß es. Ein deutlicher Aufruf zur Einheit hinsichtlich der künftigen Geldpolitik, fast schon ein Notruf.

 

Aufgeschoben?

Dass es bei der Lösung des US-chinesischen Handelskonflikts nicht so recht vorangehen will, vermittelte gestern ein Beitrag der South China Morning Post, wonach die Vertreter der USA und China angeblich immer noch darüber verhandelten, welche Strafzölle als Teil des sogenannten „Phase-One“-Abkommens konkret beseitigt werden sollen. Und in Berufung auf eine ungenannte Quelle war im Beitrag die Rede davon, dass man für den 15. Dezember – das ist das Datum, an dem weitere US-Strafzölle auf chinesische Importe in Kraft treten sollen – zwar nicht mit „etwas Großem“ rechnen könne. Aber selbst, wenn es nicht zu besagtem Teilabschluss kommen sollte, rechne man damit, dass das Datum des Inkrafttretens der Zölle – im beiderseitigen Interesse – vorerst verschoben werde.

 

Auch ein verschobener Referenzpunkt

Jetzt mag man sich mancherorts gewundert haben, dass eine damit einhergehende Verlängerung des „Waffenstillstandes“ zwischen den USA und China nicht für Unruhe an den Aktienmärkten gesorgt hatte. Denn die Beseitigung der Zölle zum 15. Dezember war doch eigentlich das absolute Minimum dessen, was die Aktien-Optimisten erwartet haben dürften. Zumindest gilt dieses Faktum als eingepreist, und eine Verzögerung würde immerhin auch eine Verlängerung der Phase der ökonomischen Unsicherheit für die Finanzmärkte bedeuten. Aber der 15. Dezember liegt in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer noch so weit in der Zukunft, dass eine Verschiebung dieses Termins auf einen späteren Zeitpunkt – psychologisch vergleichbar mit einer ohnehin in der Zukunft liegenden Verschiebung einer Belohnung – nicht besonders ins Gewicht fallen dürfte.

Betrachtet man den eingangs erwähnten kleinen Sprung des Euro aus seiner recht engen Handelsbandbreite vom vergangenen Montag in Richtung seines Stabilisierungspunktes bei 1,1110 (für heute modifiziert), gewinnt man im Nachhinein den Eindruck, es handele sich um ein Fehlsignal. Denn im weiteren Verlauf der Handelssitzung fiel die Gemeinschaftswährung sogar wieder relativ deutlich zurück. Damit wurde die latente Schwächeneigung des Euro abermals bestätigt. Unterhalb von 1,1030 würde sie sich außerdem weiter verstärken.

 

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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