Märkte

An der richtigen Stelle stimulieren

am
31. Mai 2012

Allein schon der gestrige Handelstag hat ans Licht gebracht, dass sich bei einer Lösung der Probleme an der Peripherie der Eurozone derzeit nicht allzu viel bewegt. Natürlich kann man die Absicht der Europäischen Kommission, eine Rekapitalisierung der Banken über den ESM in Betracht zu ziehen, zunächst als positiven Versuch werten. Doch schon die schnelle Ablehnung des Vorschlags durch Finnland und Deutschland, zeigt Bewegungslosigkeit (oder schlimmer noch: Bewegungsunfähigkeit). Vor allem wenn man bedenkt, dass die Kommission ohnehin nicht in der Lage wäre, alleine derlei Vorschläge umzusetzen. So gesehen, ist auch das jüngste Arbeitspapier, das Spanien zur Lösung seiner Schuldenprobleme drängt, die im Vergleich zu anderen Staaten der Eurozone niedrige Mehrwertsteuer zu erhöhen, nicht mehr als ein Vorschlag, der überdies noch fragwürdig scheint. Zum einen inhaltlich, weil man sich von der Austeritätsideologie längst noch nicht verabschiedet hat. Ganz zu schweigen davon, dass der Wachstumsvorstoß des französischen Staatspräsidenten François Hollande längst im Sande verlaufen ist. Zum anderen, hat die Kommission auch schon Papiere über Eurobonds und Schuldentilgungsfonds geschrieben – Ideen die schlichtweg zum Sterben verurteilt sind, solange sie von den politischen Entscheidern der EU nicht aufgegriffen werden. Anders ausgedrückt: Diejenigen Staaten der Eurozone, die Stimulierung bräuchten, sind dazu aufgrund ihrer maroden Haushalte nicht in der Lage, und Länder, die stimulieren könnten, wollen dies offenbar nicht.

Aber auch in den USA scheint man zumindest seitens der Notenbank mit den Stimulierungsmöglichkeiten angesichts der niedrigsten BondRenditen seit mehr als 60 Jahren am Ende seines Lateins angelangt. Wenn etwa gestern Fed-Mitglied William Dudley äußerte, er glaube der Nutzen weiterer quantitativer Lockerungen dürfte kaum deren Kosten übersteigen, kommt darin zum Ausdruck, dass man an dem Sinn weiterer Anleihe-Kaufprogramme oder einer Neuauflage einer Operation Twist zweifeln darf. Und so zeigt sich, dass ökonomische Impulse auch in den USA von der Politik kommen müssen.

Dass die Investoren vor allem am deutschen Aktienmarkt Gefallen finden, zeigt unterdessen die jüngste Stimmungs-Umfrage der Börse Frankfurt, deren Kommentierung von Gianni Hirschmüller Sie hier finden.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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