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Alles auf Sieg, 00000001!

am
2. Oktober 2013

Gegenstände mit der Nummer 1 gelten als etwas Besonderes. So sind zum Beispiel Nummernschilder mit den eigenen Initialen gefolgt von einer 1 immer schon besonders begehrt gewesen. Beliebt sind auch Telefonnummern, bei denen sich bestimmte Ziffernfolgen wiederholen oder gar alle Ziffern gleich sind. Wer möchte nicht gerne eine Tel.-Nr. 777 777 77 haben? Das zeugt schon von einer gewissen Wichtigkeit, könnte sogar wie ein Statussymbol erscheinen. Denn während die meisten Nummern unspektakulär aussehen, kommt einem diese Kombination extrem selten bis einzigartig vor, so als sei sie die Blaue Mauritius unter den Millionen von Telefonnummern.

Nun wird die US-Notenbank am 8. Oktober frisch designte neue 100 US-Dollar Noten in Umlauf bringen, und einige davon werden ihren stolzen Besitzern ein Vielfaches von ihrem aufgedruckten Nennwert bringen. Je nachdem um welche Seriennummer es sich handelt, wird der Preis für bestimmte Banknoten unter Sammlern nach Angaben des Boston Globe gar bis zu 15.000 Dollar einbringen: Einige der achtstelligen Seriennummern gelten als besonders beliebt, weil sie angeblich besonders selten sein sollen. Das gilt vor allem für eine 100 Dollar-Note mit der Seriennummer 00000001, von denen es mehrere, je nach ausgebender lokaler Notenbank, allerdings mit unterschiedlichen Buchstabencodes geben wird. Besonders gesucht dürften auch Seriennummern wie 66666666 oder 77777777 sein, weniger gibt es wahrscheinlich für 12345678. Und wie viel wird die ominöse 31415927 bringen? Unter Mathe-Liebhabern möglicherweise bis zu 1.000 Dollar.

Diese Story hat mich unweigerlich an einen Aphorismus von Georg Chr. Lichtenberg aus dem 18. Jahrhundert erinnert, den Rüdiger von Nitsch und ich an den Anfang des Vorworts zu unserem gemeinsam geschriebenen Buch Behavioral Finance gesetzt haben:

„Die Menschen nehmen nicht gern das Los Nummer 1 in einer Lotterie., Nimm’s‘, ruft die Vernunft laut, ,es kann so gut die 12.000 Taler gewinnen als irgend ein anderes‘; ,nimm‘s um aller Welt willen nicht‘, wispert ein Je ne sais quoi[1] , ,man hat kein Exempel, dass solch kleine Zahlen vor großen Gewinnen stehen‘; und es wird auch nicht genommen.“

Offensichtlich hat sich auch schon Lichtenberg mit klassischen Entscheidungen unter Unsicherheit beschäftigt. Und wer sich in Wahrscheinlichkeitsrechnung auskennt, weiß natürlich, dass man mit einem Los mit der Nummer 000 000 01 eine genauso große Chance auf den Hauptgewinn hat wie mit jeder anderen x-beliebigen Nummer. Dennoch hätte ich wahrscheinlich wie jeder andere auch das komische Gefühl, diese Nummer sähe weniger zufällig und seltener aus als andere, eher unverdächtige Zahlen. Sonst käme doch auch niemand auf die Idee, 15.000 $ für eine Banknote mit dieser Zahl auszugeben – oder?



[1] Dies bedeute so viel wie „ich weiß nicht was“

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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