Investmententscheidungen Märkte

Computerhandel im Test

am
10. August 2012

Immer schon träumten viele Händler und Anleger an den Finanzmärkten von einem Computer, der nicht nur unnötige und oft verlustbringende Emotionen ausschaltet, sondern auch noch systematisch Gewinne erwirtschaftet. Doch las ich neulich in der FTD (Ausgabe vom 7.8.2012), dass zumindest die Devisenmärkte für Rechner zu sprunghaft seien und computergestützte Fonds beim Aufspüren von Trends an Währungsmärkten (Trendfolgemodelle) in jüngster Zeit nicht gerade erfolgreich gewesen sein sollen. Und sofort erinnerte ich mich an die vielen Diskussionen, die meine Kollegen und ich schon zu diesem Thema geführt hatten. Denn ob der computergesteuerte Handel Sinn macht oder nicht, ist bis heute umstritten. So zeigt auch die Performance-Aufstellung in der FTD , dass sich die von ihr ausgewählten Devisenfonds mit Trendfolgestrategie in ihrer Performance zum Teil dramatisch unterscheiden. Vor allem im Einjahresvergleich ergeben sich Unterschiede, die von einem winzigen Plus von 1,4 Prozent Gewinn bis zu einem Verlust von mehr als 9 Prozent reichen.

 

Computermodelle auch für Devisenmärkte

Daraus zu schließen, dass Computerhandelsmodelle generell ungeeignet für die Devisenmärkte seien, erscheint mir dennoch ein bisschen vorschnell. Denn die Performanceunterschiede können sich schon alleine durch unterschiedliche Handelsansätze – auch wenn diese durchweg trendfolgend sein sollten – ergeben. Etwa im Umgang mit Verlustbegrenzungen, die jedes gute Programm in irgendeiner Weise berücksichtigen muss, genau wie jeder Händler auch, der sich zumindest in der Theorie eine Verlustbegrenzung setzen sollte.

 

Nicht jeder Stopp-Loss ist sinnvoll

Leider hat die Risikoaversion vieler Akteure dazu geführt, dass man bei systematischen Handelsansätzen vorwiegend mit einem Intraday-Stopp-Loss[1] arbeitet. Ich selbst habe mich von diesen Stopps auf Grund eigener, bitterer Erfahrung (mehr dazu können Sie hier lesen) bereits vor etlichen Jahren verabschiedet. Stattdessen zog ich es vor, mir einen ganz bestimmten Tageszeitpunkt auszusuchen, an dem ich überprüfte, ob meine Position den von mir gesetzten Stopp-Loss verletzt hat. Und wenn ja, wurde das Engagement aufgelöst. Jene Methode hat immerhin den Vorteil, dass man nicht durch etwaige Marktmanipulation oder eine ungünstige temporäre Zufallsbewegung aus dem Markt geworfen wird.

Aber auch diese Methodik ist nicht ohne Probleme. Selbst wenn man ein Computermodell diese Arbeit verrichten lässt, kann sich durch eine unglückliche Wahl des Handelszeitpunkts zumindest auf 12-Monats-Sicht ein vollkommen unterschiedliches Bild ergeben. So weist etwa ein Handelsmodell, angewandt zu einem Zeitpunkt am frühen Vormittag, eine völlig andere Performance aus, als wenn es zu einer bestimmten Uhrzeit nachmittags angewendet worden wäre. Über lange Zeiträume gleichen sich derartige Unterschiede jedoch meist weitgehend aus.

Gerade in Phasen, in denen sich Computermodelle nicht so gut schlagen, kann man immer wieder beobachten, wie sich Händler schadenfroh auf die Schenkel klopfen und eifrig gute Ratschläge anbieten. Aber dazu lesen Sie mehr am Montag im zweiten Teil des Blogs.



[1] Intraday-Stopp-Loss bedeutet, dass das Engagement mit einer permanenten Verlustbegrenzung geschützt wird.

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Hendrik Klein

    10. August 2012

    Computerhandel ist genau so facettenreich wie der manuelle Handel auch. Trendfolge Strategien sind dabei nur eine Kategorie. Systematic Event Driven und Countertrend wären z.B. weitere Kategorien.

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      10. August 2012

      Sie haben vollkommen Recht. Ich habe mich bewußt auf die Trendfolger beschränkt, da diese Gegenstand des FTD-Artikels waren.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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