Gesellschaft Märkte

Zum Kontrollbedürfnis

am
24. April 2014

Während der vergangenen Jahre und vor allem aber auch als Folge der Finanzkrise, konnte man immer deutlicher feststellen, auf welch unterschiedliche Art und Weise Anleger und Investoren versuchten, mit ihren Gewinnen und Verlusten umzugehen. Gerade im Verhältnis zu manchem Vermögensberater machte sich eine Tendenz breit, die für deutsche Verhältnisse neu war: Die Neigung vieler Anleger, Gewinne als eigene Leistung anzusehen, für Verluste hingegen andere moralisch und vielleicht auch noch pekuniär – oftmals auch mit Recht – in Haftung zu nehmen. Eine Haltung die sich in den Jahren ungewohnt massiver Kurseinbrüche an den Aktienmärkten, aber auch anderswo merklich verstärkte.

Die Wirtschaftspsychologie hat dafür eine sehr interessante Erklärung parat. Danach haben die Menschen bei Verlusten generell ein stärkeres Kontrollbedürfnis als bei Gewinnen. Ein Phänomen, das man auch in sehr vielen Unternehmen finden kann. Sprudeln die Profite stellt kaum jemand kritische Fragen, wie diese zustande gekommen sind. Aber bei Verlusten! Es ist dem US-Psychologen Julian Rotter zu verdanken, dass bereits vor einigen Jahrzehnten der Begriff des Locus of control bekannt wurde. Danach wird man ein positives Ereignis, etwa einen Gewinn an der Börse, als das Ergebnis eigener Aktivitäten interpretieren – ein Phänomen, das sich hervorragend bei erfolgreichen Marktakteuren beobachten lässt. Man spricht auch von interner Kontrolle. Unerwünschte Ereignisse und Verluste werden dagegen gerne auf externe Faktoren geschoben, man spricht auch von externer Kontrolle – man fühlt sich als Spielball fremder Mächte und glaubt, daran auch nicht viel ändern zu können.

Kontrolle auszuüben ist aus Sicht der Verhaltensökonomie gleichbedeutend mit der Notwendigkeit, sich zu informieren – wer sich nicht informiert, kann im Zweifel auch nicht kontrollieren. Mehr noch: Wer sich nicht informiert, macht sich irgendwie mitschuldig, wenn der Erfolg manches Investments ausbleibt. Ich halte das Thema für sehr wichtig und habe von der WGZ Bank dankenswerterweise die Möglichkeit erhalten, im heute erschienenen Goldbergs Thema des Monats zum Kontrollbedürfnis der Anleger einen Beitrag schreiben zu dürfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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