Dollar am Morgen Märkte

Wieder ohne Drive

am
26. Juni 2019

EUR USD (1,1355)             Die derzeitige Entwicklung des Euro gleicht einem déjà vu, das noch gar nicht so lange her ist. Ähnlich wie bei ihrem letzten misslungenen Ausbruch an der Oberseite der Konsolidierung am 7. Juni, versucht die Gemeinschaftswährung seit Wochenbeginn, nach dem relativ explosiven Aufwärtsimpuls vom vergangenen Freitag mehr Momentum zu entfalten. Aber man kann es fast schon wieder spüren, wie schwer es – trotz aller eingängig klingenden Argumente – den Euro-Optimisten derzeit fällt, sich nachhaltig durchzusetzen. Oder fehlt ganz einfach der Mut, angesichts der nun bereits seit mehr als einem halben Jahr weitgehend seitwärts gerichteten Entwicklung des Euro tatsächlich die Initiative zu ergreifen?

 

Widersprüchliche Gedanken

Es fällt schwer zu glauben, dass die Märkte die US-Notenbank quasi vor sich her treiben, indem sie allein in diesem Jahr drei Zinssenkungen in Höhe von jeweils 25 Basispunkten einpreisen, der Greenback aber nicht dramatisch gefallen ist. Das macht gegenüber dem Euro in der Spitze gerade einmal 2,6 Prozent seit dem 23. Mai aus, dem Tag, als der Euro sein Jahrestief markierte.

Während das Gros der Marktteilnehmer wohl nicht davon ausgeht, dass die US-Notenbank den Leitzins in diesem Jahr unverändert belässt, werden die Akteure von widersprüchlichen Gedanken umgetrieben. Handelt es sich bei den möglichen Zinssenkungen nur um eine vorbeugende Maßnahme, um das derzeitige US-Wachstum am Laufen zu halten und die Inflation nicht weiter zu dämpfen? Oder würde ein derartiger Schritt von den Händlern am Ende gar als Eingeständnis der Fed bewertet, dass sich die Wachstumsaussichten bereits eingetrübt haben?

Zumindest vermitteln die gestern publizierten US-Daten zum Verbrauchervertrauen (Conference Board), die deutlich unter den Mai-Werten und unter den Median-Prognosen der Ökonomen lagen, den Eindruck, dass die Erwartung der Verbraucher in Sachen Wachstum zu leiden beginnt. Dazu passt auch, dass die Neubauverkäufe im Mai in den USA im Vergleich zum Vormonat mit einem Minus von 7,8 Prozent unerwartet deutlich zurückgingen. Allerdings hat der US-Dollar gestern auf diese Daten überhaupt nicht reagiert.

 

Keine 50 Basispunkte im Juli

Auf der anderen Seite machte James Bullard gestern deutlich, dass es sich bei einer etwaigen Zinssenkung im Juli um eine Art „Versicherung“ [gegen eine Wachstumsschwäche] handeln würde, wobei er gleichzeitig äußerte, dass er einen Schritt in Höhe von 50 Basispunkten ausschließe. Dies ist insofern bemerkenswert, als es sich beim Chef der Fed von St. Louis vermutlich um die größte Taube unter den Mitgliedern im Offenmarktausschuss der Fed handelt. Damit erhielten entsprechende (überzogene) Hoffnungen mancher Marktteilnehmer – eine Zinssenkung von 50 Basispunkten im Juli war mit einer impliziten Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent bis dahin eingepreist – einen gehörigen Dämpfer.

Unterdessen zeigt ein Blick auf unser verhaltensorientiertes Modell, dass sich der Euro ohnehin noch nicht weit von seinem wahrgenommenen fairen Wert bei etwa 1,1240 entfernt hat. Deswegen dürften kurzfristige Schieflagen der Akteure relativ überschaubar sein. Und dies ist auch der Grund, warum wir uns nach wie vor scheuen, einen Euro-Aufwärtstrend auszurufen. Die Gemeinschaftswährung bleibt zwar stabil, solange 1,1260 an der Unterseite nicht verletzt wird. Aber ein überzeugender Aufwärtsimpuls mit Potenzial bis 1,1460/1,1515 sieht einfach anders aus. Und bereits ein Unterschreiten von 1,1345 könnte einen deutlichen Momentumsverlust bedeuten.

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

Aus organisatorischen Gründen gibt es am morgigen Donnerstag zwar ein Kurs-Update, aber keinen weitergehenden Kommentar.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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