Welt ohne Risiken?
Der Vize-Chef der US-Notenbank, Stanley Fischer, fällt derzeit schon etwas aus dem Rahmen. Zum einen, weil er unlängst mit einem Statement dafür gesorgt hat, dass die Anleger ihre Erwartung an mindestens einen Zinsschritt der Fed noch in diesem Jahr deutlich nach oben geschraubt haben. Aber auch in Sachen Negativzinsen scheint Fischer von der Ansicht seiner Mitstreiter leicht abzuweichen. Da Janet Yellen beim Symposium in Jackson Hole nicht über Negativzinsen sprechen wollte, schien es eigentlich klar, dass dieses Thema derzeit auch nicht innerhalb der Fed diskutiert wird. Fischer hingegen schien in diesem Fall Gesprächsbedarf zu haben. Zwar schließt er genau wie die Fed-Chefin Negativzinsen derzeit aus und hält sie für nicht unproblematisch. Aber interessanterweise erkannte er unlängst in einem Interview an, dass Negativzinsen in anderen Ländern zu funktionieren scheinen, schon deshalb, weil sie mitunter mit stabilen Aktienmärkten einhergehen.
Dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses der US-Notenbank derzeit nicht allzu viel über Minuszinsen diskutieren müssen, liegt natürlich daran, dass sich die US-Konjunktur (noch) in robuster Verfassung befindet. Wenn sich die Lage dortzulande jedoch verschlechtern sollte, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass man im Zweifel selbst innerhalb der Fed zu Werkzeugen greift, die anderswo zu funktionieren scheinen. Dies wird umso mehr der Fall sein, falls sich die Fed in vergleichsweise „guten Zeiten“ wie in diesem Jahr nicht über eine Zinserhöhung ein kleines Polster für schwierigere Phasen verschafft. Der fortwährende Hinweis der Fed-Präsidentin und ihres Stellvertreters, die Notenbank werde bezüglich eines Zinsschritts datenabhängig entscheiden, lässt mich dennoch nicht glauben, dass man sehr kurzfristig auf ökonomische Daten wie den am Freitag anstehenden Arbeitsmarktbericht reagieren wird. Vielmehr wird sich unter all den vorliegenden Daten immer etwas finden lassen, das sich als Begründung dafür eignet, eine Zinserhöhung auf die lange Bank zu schieben.
Ruhiger Markt = geringes Risiko?
Diese Einstellung scheint auch im deutschen Aktienmarkt vorzuherrschen, wo wir nun innerhalb der vergangenen drei Wochen beim DAX eine ausgesprochen enge Handelsrange von nicht einmal 3,5 Prozent Spannweite zu sehen bekommen haben. Offensichtlich gehen viele Börsianer davon aus, dass wir für lange Zeit in einer Welt niedrigen Wachstums und niedriger Inflation leben werden. Daraus wird interessanterweise der Schluss gezogen, dass die Marktrisiken ebenfalls niedrig sein müssen. Vor allen Dingen eben, weil sich der DAX während der vergangenen Wochen nicht gerade volatil gezeigt hat. Aber ich kann nur davor warnen, sich auf die Regel „ruhiger Markt, geringes Risiko“ längerfristig zu verlassen. Denn es handelt sich um eine so genannte Scheinkorrelation, die sich einzig auf die Vergangenheit bezieht und wenig über künftige Risiken aussagt.
Mehr Aufschluss verspreche ich mir von der jüngsten Stimmungserhebung der Börse Frankfurt, die ich HIER kommentiert habe.