Dollar am Morgen Märkte

Schlechte Stimmung

am
19. Februar 2020

EUR USD (1,0795)             Nun musste ich gestern in meinem Euro-Tagebuch den elften Handelstag in Folge notieren, an dem die Gemeinschaftswährung ein niedrigeres Tagestief markierte. Natürlich gibt es hierfür einen offensichtlichen Grund, wie dies die meisten Kommentatoren festgestellt haben: Die ZEW-Stimmungsumfrage war sowohl für Deutschland als auch für die Eurozone hinsichtlich der jeweiligen Erwartungskomponente deutlich schlechter als von den Ökonomen im Mittel erwartet ausgefallen. Und hinzu kam, dass die Median-Prognosen der Analysten ohnehin schon deutlich niedriger als die ZEW-Januar Werte ausgefallen waren. Auch diese deutliche Stimmungsverschlechterung lässt sich offenbar auf den zu erwartenden negativen Effekt der Coronavirus-Epidemie auf den Welthandel – insbesondere den hiesigen Export – zurückführen. Grund genug, den Euro vom Tageshoch aus gerechnet etwa um 30 Stellen herunter zu prügeln.

 

Euro erholt sich kaum

Vermutlich wäre der Euro aber auch ohne den ZEW-Index gestern weiter gefallen. Insgesamt belaufen sich die im Einzelnen gar nicht einmal so krassen täglichen Kursverluste gegenüber dem Dollar seit Anfang des Monats auf rund 2,8 Prozent. Aber ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Erwartungskomponente des ZEW-Index weniger die Konjunkturerwartungen, sondern in erster Linie die Anlegerstimmung am Aktienmarkt und die zugrundeliegenden Positionierungen der institutionellen Investoren widerspiegelt. Und die Anlegerstimmung war, sozusagen im Einklang mit dem gestern publizierten ZEW-Index, bereits am vergangenen Mittwoch gemäß der Sentiment-Umfrage der Börse Frankfurt deutlich abgekühlt, um nicht zu sagen „leicht pessimistisch“. Für heute Nachmittag erwarten wir übrigens die Ergebnisse der jüngsten Umfrage.

 

Dollar weiterhin für überbewertet gehalten

Zum gestrigen Euro-Rückgang trug schließlich auch eine deutliche Dollarstärke – gemessen am Dollar-Index – bei, die ihren Höhepunkt nach Publizierung des Empire State Index für das produzierende Gewerbe erreichte, der wiederum auf der positiven Seite überraschte. Die Folge: Ein Tagestief (33-Monatstief) bei rund 1,0785, also nicht allzu weit von der ersten Potenzialmarke bei 1,0755/60 entfernt, die übrigens noch nicht das Ende des kurzfristigen Abwärtstrends bedeuten muss.

Per Saldo können sich heute Euro-Erholungen etwas leichter durchsetzen, da die Einstandspreise schiefliegender Akteure – etwa US-Investoren, die ihre Engagements in der Eurozone noch nicht gegen Kursrückgänge abgesichert haben – schon recht weit entfernt liegen. Dass dies mit hoher Wahrscheinlichkeit so sein dürfte, vermittelt auch die gestern publizierte BofA Merrill Lynch Fondsmanager-Umfrage, wonach nun netto 54 Prozent der Befragten (Januar-Umfrage: 53 Prozent) den Dollar für überbewertet halten – es handelt sich immerhin um das zweithöchste Niveau seit dem Jahr 2002. Die Umfrage fand zwischen dem 6. und 13. Februar statt.

Unser auf Erkenntnissen der Behavioral Finance basierendes Modell berechnet übrigens einen (wahrgenommenen) Einstandspreis der derzeitigen Schieflagen etwa bei 1,1005. Eine erste Stabilisierung des Euro wäre allerdings bereits nach Überschreiten von 1,0925 möglich. Unterdessen bleibt der Euro in seinem kurzfristigen Abwärtstrend mit Potenzial bis 1,0755/60, möglicherweise auch tiefer.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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