Dollar am Morgen Märkte

Positive und negative Rekorde

am
25. März 2020

EUR USD (1,0800)             Gestern war ein Tag der Superlative, in jeder Hinsicht. Der heimische Aktienindex DAX stieg um rund 11 Prozent und damit an einem Tag so stark wie zuletzt im Jahr 2008. Und in den USA produzierte der Dow Jones Index den größten Tagesgewinn seit Jahrzehnten. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, als würde sich nach den Tagen des Leidens ein großer Optimismus breitmachen. Allerdings war diese Erholung der Aktienkurse dies- und jenseits des Atlantiks angesichts der massiven Stimulus-Programme der US-Notenbank, aber auch hinsichtlich der sich gestern Nacht abzeichnenden Einigung zwischen Demokraten und Republikanern auf fiskalischer Ebene gar nicht einmal so groß. Zumindest, wenn man den dramatischen Einbruch der Kurse seit den Allzeithochs beim DAX und bei den US-Indices vom 19. Februar zugrunde legt.

Tatsächlich kann man durchaus noch ein wenig mehr erwarten. Aber spätestens, wenn in den USA das staatliche Hilfsprogramm in Höhe von wahrscheinlich 2 Billionen USD als beschlossen – Medienberichten von heute früh zufolge soll dies der Fall sein – verkündet wird, wird man sehen, ob es mit der Erholungsrallye weiter gehen wird. Oder ob es nach dem Motto „buy the rumour, sell the fact“ zu Gewinnmitnahmen kommt.

 

Schlechter als berechnet

Nun gab es gestern auch die erste Schätzung der Einkaufsmanagerindices für die Eurozone (Markit) zu begutachten, die natürlich miserabel ausfallen mussten. So lag der aus Industrie und Dienstleistern zusammengesetzte Einkaufsmanagerindex (Composite PMI) für März bei 31,4 und damit weit unter der Medianprognose (38,8) und selbst unter der pessimistischsten Vorhersage von knapp drei Dutzend befragter Ökonomen. Tatsächlich handelte es sich um den niedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Juli 1998. Aber auch für die USA wurden schließlich am Nachmittag Indexwerte ermittelt, die auf eine schwere Rezession schließen lassen. Tatsächlich haben diese Zahlen und die dazu gehörenden, für mich allerdings weitgehend sinnlosen Prognosen weder die Aktien- noch die Devisenmärkte durcheinandergewirbelt.

 

Verordnete Zwangspause mit Folgen…

Vielleicht sollte man es tatsächlich wie der Chef der Fed von St. Louis, James Bullard, halten, der bereits am Montag die Vermutung äußerte, dass die US-Arbeitslosenquote im zweiten Quartal auf 30 Prozent hochschnellen könnte. Infolgedessen empfahl Bullard eine dreimonatige Produktionspause für alle nicht lebensnotwendigen Unternehmen in den USA, um die Ausbreitung des Coronavirus bekämpfen zu können. Abhängig vom Erfolg dieser Maßnahmen könne dieser Zeitraum verlängert oder verkürzt werden. Insgesamt handelt es sich, abgesehen vom Namen für diesen Zeitraum, „National Pandemic Adjustment Period (NPAP)“, nicht gerade um einen bahnbrechenden Vorschlag.

 

… und Bullards veränderte Sichtweise

Interessant ist allerdings Bullards Bewertung der damit zusammenhängenden zu erwartenden miserablen ökonomischen Daten, die im zweiten Quartal natürlich zu einer massiven Kontraktion des Bruttoinlandsprodukts führen würden. Da diese Zwangspause allerdings absichtlich verordnet sei, sollte man, so Bullard, die damit verbundene Rezession nicht als solche bezeichnen. Genauso wenig sei es sinnvoll, die fiskalpolitischen Maßnahmen der Regierung als Stimulus zu bezeichnen. Tatsächlich gehe es doch darum, während dieser Zeit Alle [gesundheitlich wie ökonomisch] am Leben zu erhalten. Etwa durch eine Arbeitslosenversicherung, die die Einkommensverluste infolge der Corona-Krise möglicherweise bis zu 100 Prozent ausgleichen soll, so der Chef des regionalen Ablegers der Fed von St. Louis.

Letztlich sollen die damit verbundenen [negativen] ökonomischen Daten nicht als Konjunktureinbruch während eines normalen Zyklus betrachtet werden, sondern als Begleiterscheinung eines gesellschaftlichen „Gesundheitsnotfalls“. Auch wenn sich damit an den Tatsachen nichts ändert, wird der psychische Bezugsrahmen (vgl. Framing) durch diese Definition der Krise wesentlich positiver, als wenn man sich in den kommenden Wochen mit furchterregenden ökonomischen Daten, möglicherweise überzogenen Prognosen oder den daraus resultierenden Entscheidungen und deren langfristigem Schaden herumschlagen müsste.

 

Die gestrige deutliche Erholung der Gemeinschaftswährung war indes kurzzeitiger Natur und bedeutet letztlich keine Änderung des vorherrschenden Abwärtstrends in Richtung 1,0550 bzw. 1,0430 (adjustiert). Der erste Stabilisierungspunkt liegt nach wie vor bei 1,0965.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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