Dollar am Morgen Märkte

Novembersonne für Aktien-Bullen?

am
13. November 2019

EUR USD (1,1015)             Für Devisenhändler war gestern abermals kein Tag großer Aufregung. Zumal es auch keine wichtigen Wirtschaftsdaten zu begutachten gab. Umso mehr hatten es gestern Umfragen in sich. Dabei verstehe ich darunter nicht unbedingt die Entwicklung des ZEW-Index, der für Deutschland immerhin mit -2,1 nicht nur viel besser als von den Analysten im Mittel erwartet ausfiel. Dieser höchste Stand der Investorenerwartungen seit sechs Monaten mag vielleicht sogar deswegen bemerkenswert sein, weil es sich um eine Verbesserung von mehr als 20 Punkten gegenüber dem Vormonat handelt. Allerdings blieben die Auswirkungen auf den Euro ausgesprochen überschaubar, handelt es sich doch bei der Publikation der ZEW-Daten häufig weniger um ein fundamentales Stimmungsbild als um einen Spiegel der Erwartungen von Analysten und Börsianern. Und Letztere sind zumindest im privaten Bereich, vermutlich mittlerweile aber auch bei den institutionellen Anlegern optimistisch gestimmt, wenn man die vergangene Stimmungsumfrage der Börse Frankfurt zurate zieht.

Aus Angst etwas zu verpassen?

Aber auch die gestern publizierte BofA Merrill Lynch-Umfrage unter internationalen Fondsmanagern förderte Beachtliches zu Tage. So schossen die globalen Wachstumserwartungen geradezu in die Höhe: Nichts mehr ist von Rezessionsängsten zu spüren. Denn nachdem sich im Oktober noch netto 37 Prozent der vom 1. bis 7. November befragten Fondsmanager negativ zum globalen Wachstum äußerten, rechnen nun per Saldo 6 Prozent der Befragten mit einem positiven globalen Wachstum auf Sicht der kommenden zwölf Monate. Dabei handelt es sich nach Angaben von BofA Merrill Lynch um den größten Stimmungsumschwung seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1994.

Und so wundert es auch nicht, dass der entsprechende Kommentar von einer „Angst des Verpassens“ („Fear of missing out“ bzw. “FOMO“) spricht. Ganz nebenbei ist die Kassequote der Fondsmanager von 5 auf 4,2 Prozent gesunken, das ist der niedrigste Stand seit Juni 2013. Überflüssig zu erwähnen, dass hinter diesem massiven Stimmungsumschwung und der „Rückkehr der Bullen“ große Hoffnung auf einen Fortschritt im US-chinesischen Handelsstreit steht. Letzterer stellt übrigens immer noch das größte Extrem-Risiko dar.

 

Der Dollar als Ausreißer

Interessant: Die gute Stimmung übertrug sich nicht auf den US-Dollar. Ganz im Gegenteil: Netto 37 Prozent der Fondsmanager gehen davon aus, dass sich der Dollar über die kommenden zwölf Monate abschwächen wird. Dabei handelt es sich um den schlechtesten Ausblick der Umfrage für den Greenback seit September 2007. Eigentlich ein Grund, angesichts dieser Skepsis, hinter der naturgemäß entsprechende langfristige Engagements stecken dürften, eine konträre Haltung einzunehmen.

Allerdings scheinen kurz- und mittelfristig engagierte Marktteilnehmer derzeit keinen größeren Appetit auf eine derartige Positionierung zu haben. Zumal der faire Wert des Euro unseres verhaltensorientierten Modells für mittelfristig agierende Investoren derzeit mit 1,1060 nicht allzu weit vom aktuellen Niveau entfernt liegt. Tatsächlich hängt der Euro zwar etwas in den Seilen, aber niemand wagt es, die Gemeinschaftswährung unter das trendauslösende Niveau von 1,0985/90 (modifiziert) zu stoßen. Eine Situation, die mich gestern an Friedrich von Schillers Ballade vom Taucher erinnerte, die mit den Worten „Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen Schlund?“ beginnt. Denn unterhalb besagten Niveaus ist die Gemeinschaftswährung bis 1,0835 schlecht unterstützt – eine Stabilisierung des schwächelnden Euro ist dagegen erst oberhalb von 1,1105/10 möglich.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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