Dollar am Morgen Märkte

Noch mehr Warnsignale

am
15. August 2019

EUR USD (1,1145)             Genau genommen waren es zwei Schlagzeilen, die dafür sorgten, dass sich das Interesse der Händler gestern vom US-chinesischen Handelskonflikt abwandte. So war zum einen die Industrieproduktion Chinas im Juli gegenüber dem Vorjahr wesentlich schwächer ausgefallen, als es von den Ökonomen im Mittel (+6,0 %) erwartet worden war und markierte mit +4,8 Prozent den schlechtesten Wert seit Februar 2002. Die andere Schlagzeile galt dem vorläufigen Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands, das im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent geschrumpft ist. Eine Bestätigung der Schätzung durch Analysten, die vielfach sogar davon ausgehen, dass für das dritte Quartal dieses Jahres ebenfalls ein schrumpfendes BIP gemeldet werden wird. Damit befände sich Deutschland nach zwei Quartalen mit Schrumpfung in einer technischen Rezession.

Gleichzeitig machte sich nach der Euphorie des Vortages an den Aktienmärkten dies- und jenseits des Atlantiks Ernüchterung breit, als vielen Akteuren klar wurde, dass die Verschiebung der Strafzölle auf bestimmte China-Importe vom 1. September auf den 15. Dezember zunächst einmal vor allem dem US-Verbraucher helfen würde, der dadurch vor Weihnachten zumindest keine Preissteigerungen auf beliebte Güter befürchten müsste. Dass die Verschiebung der Strafzölle nicht als Entgegenkommen oder gar als Gegenleistung für ein partielles Einlenken auf chinesischer Seite verstanden werden dürfe, machte überdies Handelsminister Wilbur Ross deutlich; man wolle lediglich das US-Weihnachtsgeschäft nicht stören.

         

Weitere Warnsignale von US-Bondmärkten

Und so war es kein Wunder, dass die Warnlampen an den US-Bondmärkten aufleuchteten. Denn zum ersten Mal seit vielen Jahren (zuletzt als Vorläufer der Rezession 2008/2009) fiel die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen unter diejenige mit einer Laufzeit von zwei Jahren. Ein anderer Teil der Zinsstrukturkurve, der in der jüngsten Zeit stärker beachtet wird, zeigt allerdings bereits seit mehreren Wochen eine wesentlich deutlichere Inversion. Die Rede ist vom Abstand der zehnjährigen US-Staatsanleihen gegenüber T-Bills mit drei Monaten Laufzeit, der sich gestern zuletzt auf -36 Basispunkte ausweitete. Dieser Abschnitt der Zinsstrukturkurve gilt seit Veröffentlichung einer Studie der Fed von San Francisco hinsichtlich seiner Bedeutung als Vorläufer einer Rezession in 12 bis 24 Monaten als der Indikator mit etwas besserer Vorhersagekraft.

 

Bullards Worte

Dass der Dollar gegen Ende der europäischen Handelssitzung gestern plötzlich doch noch etwas an Fahrt gewann, mag an einem Statement von James Bullard gelegen haben. Der Chef der regionalen Fed von St. Louis bescheinigte nämlich der US-Wirtschaft, dass sie sich nicht in einer Rezession befinde, was nicht danach klingt, als ob demnächst Zinssenkungen auf der Tagesordnung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank stünden. Eine Aussage (vgl. Transskript des Interviews auf der Homepage der Fed von St. Louis HIER), die vermutlich gar nicht einmal als geldpolitisches Statement gedacht war. Sie könnte aber vermutlich für manche Händler deswegen besonders pikant ausgesehen haben, weil Bullards geldpolitische Einstellung als ausgesprochen taubenhaft gilt.

Der Euro geriet aber nicht zuletzt deswegen doch noch unter Druck, sondern hielt sich bis dahin erstaunlich lange recht gut. Zwar befindet sich die Gemeinschaftswährung weiterhin in der Seitwärtsentwicklung, die wir zwischen 1,1100/05 und 1,1365/70 verorten. Aber die Position des Euro bleibt ab sofort leicht angeschlagen, solange 1,1230 nicht mehr überwunden wird.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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