Dollar am Morgen Märkte

Lauter neue Gesichter

am
4. Juli 2019

EUR USD (1,1285)             Es scheint so, als ob die Finanzmarktteilnehmer mit der Nominierung Christine Lagardes als EZB-Präsidentin – das Europäische Parlament muss der Ernennung noch zustimmen – zufrieden sind. Zumindest sieht man Lagarde eher bei den Zinstauben und verlässt sich bei dieser Einschätzung weitgehend auf Statements, mit denen die Noch-IWF-Chefin während der vergangenen Jahre diverse Maßnahmen der EZB unter der Ägide Mario Draghis kommentiert hatte. Zumindest glauben die EU-Regierungschefs, dass mit der Nominierung Christine Lagardes ein reibungsloser Übergang vom scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi zur neuen Führung garantieren lässt. Allerdings sehen viele Akteure in Christine Lagarde eher eine Politikerin und weniger eine Expertin in ökonomischen Fragen. Auch wenn der Euro gegenüber dem US-Dollar gestern kaum reagierte, waren es vor allen Dingen die Anleiheinvestoren und Aktienhändler, die die Berufung Frau Lagardes auf den Chefsessel in der EZB beklatschten.

 

Zurück nach Bretton Woods?

Aber auch in den USA gab es zwei Personalien zu bewerten. Denn Donald Trump nominierte bereits in der Nacht zum Mittwoch für das Fed-Direktorium Judy Shelton, eine ehemalige Beraterin des Präsidenten, die noch im vergangenen Monat erklärt hatte, dass die Leitzinsen so schnell wie möglich gesenkt werden müssten. Shelton gilt überdies als harsche Fed-Kritikerin und Anhängerin des Goldstandards, den die USA in den frühen 1970er Jahren zugunsten eines flexiblen Dollar-Wechselkurses aufgegeben (Aufgabe des System von Bretton Woods) hatten. Aber auch der zweite Kandidat, Christopher Waller, wird eher den Zinstauben zugerechnet – auch wenn er sich dazu öffentlich nie geäußert hat –, einfach weil er einst unter James Bullard gearbeitet hatte. Zur Erinnerung: James Bullard (Chef der regionalen Fed von St. Louis) war das einzige Mitglied bei der jüngsten Sitzung des Offenmarktausschusses der Notenbank (FOMC), das mit einem Festhalten am bestehenden Leitzins nicht einverstanden war.

 

US-Wachstumsprognose abermals zurückgenommen

Von den gestern publizierten Daten mag vielleicht der Bericht der privaten Arbeitsmarktagentur ADP von größerem Interesse für die Händler gewesen sein. Danach ist die Zahl der neu geschaffenen Stellen in den USA abermals hinter den Erwartungen der Ökonomen zurückgeblieben. Allerdings könnte in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer dieses Manko durch die Aufwärtskorrektur beim kombinierten US-Einkaufsmanagerindex (verarbeitendes Gewerbe und Dienstleister, Markit) im Juni etwas aufgefangen worden sein. Indes: Das viel beachtete Prognosemodell der Fed von Atlanta (GDPNow) geht seit gestern nur noch von einem annualisierten Wachstum von 1,3 Prozent für das zweite Quartal aus – vor etwas mehr als einer Woche lag diese Prognose noch bei 2,1 Prozent.

Der Euro hielt sich gestern allerdings fast den ganzen Tag über bedeckt und verharrte mehr oder weniger regungslos auf einer Stelle. Vermutlich hatte der morgige Unabhängigkeitstag in den USA bereits seinen Schatten vorausgeworfen. Damit besteht auch die Gefahr, dass der US-Arbeitsmarktbericht, dessen Publikation für viele US-Akteure auf ein verlängertes Wochenende fallen dürfte, nicht die gewohnte Beachtung wie sonst finden könnte. Immerhin testete der Euro gestern das wichtige Niveau von 1,1265, konnte sich aber von dort aus wieder rasch abstoßen. Wie gehabt würde ein Versagen dieses Nachfragebereichs die Unterseite für weitere Kursrückgänge in Richtung 1,1180 oder gar 1,1110 öffnen.

 

Hinweise

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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