Dollar am Morgen Märkte

Investmentpläne auf Eis gelegt

am
13. Mai 2020

EUR USD (1,0850)             Ein nicht gerade aufregender Devisen-Handelstag liegt hinter uns. Allerdings könnte man das zumindest, was die Entwicklung des Euro gegenüber dem Dollar angeht, auch anders sehen. Nun ist eine Tagesspanne von 100 Stellen nicht gerade aufsehenerregend, aber die Art und Weise, wie diese zustande kam, vielleicht doch: Zumindest wurden kurzfristig orientierte Euro-Baissiers zu Beginn des Tages so richtig verladen.

 

Trump will Negativzinsen

Die Gründe für die dahinter stehende Dollarschwäche liegen für viele Kommentatoren auf der Hand. So sollen Fortschritte bei der COVID-19-Forschung die Risikofreude der Akteure beflügelt haben. Da halte ich den gestrigen Ruf Donald Trumps nach negativen US-Leitzinsen schon für etwas stichhaltiger. Auch wenn keineswegs davon auszugehen ist, dass sich Fed-Chef Jerome Powell in seiner Rede, die er heute auf Einladung des Peterson Institute for International Economics in einem Online-Seminar halten soll, für einen Schritt in diese Richtung aussprechen wird.

Anweisung von höchster Stelle

Bedeutsamer ist meines Erachtens eine gestern publizierte Empfehlung der Trump-Administration gegenüber einer staatlichen Versorgungskasse. Dem Chef des Federal Retirement Thrift Investment Board wurde nämlich nahegelegt, alle Engagements in chinesischen Aktien umgehend zu stoppen. Investmentaktivitäten, die im Rahmen einer vor mehr als zwei Jahren beschlossenen Neuordnung eines Fonds der Versorgungskasse vorgesehen waren.

…keine Investments in…

Das 50 Mrd. USD schwere Fondsvermögen sollte nämlich – wie erst im November vergangenen Jahres noch einmal bestätigt – mit Beginn des kommenden Monats eine weltweite Aktienbenchmark[1] abbilden, bei der China das drittgrößte Gewicht innehat. In dem von Larry Kudlow, dem ökonomischen Chefberater Donald Trumps, und dem nationalen Sicherheitsberater Robert O’Brien verfassten Schreiben wird nämlich – neben verschiedenen anderen Bedenken – China für die Verschlimmerung der COVID-19-Pandemie verantwortlich gemacht.

…chinesische Aktien

Nun wird in der Trump-Administration nicht erst seit gestern über eine mögliche Beschränkung US-amerikanischer Kapitalströme in Richtung China diskutiert. Bereits Anfang Oktober vergangenen Jahres habe ich über derartige Absichten (HIER) berichtet. Damals soll gut informierten Quellen zufolge die Administration diesbezüglich mehrere Optionen durchgespielt haben. Eine bestand zum Beispiel darin, Aktien chinesischer Unternehmen nicht mehr an den US-Börsen handeln zu lassen, eine andere lief darauf hinaus, Engagements amerikanischer Pensionskassen in China zu begrenzen. Damals beteuerte die Sprecherin des US-Finanzministeriums, Monika Crowley, dass es die Administration nicht in Betracht ziehe, chinesische Aktiengesellschaften von den US-Aktienmärkten auszuschließen. Auch der als politischer Falke bekannte Handelsberater des Weißen Hauses, Peter Navarro, setzte damals diesem Dementi noch einen drauf und bezeichnete in einem denkwürdigen Fernsehinterview mit CNBC die Medienberichte bezüglich geplanter Investment-Beschränkungen für China als „unverantwortlich“ und als Fake News.

 

Frühere Drohung wahrgemacht

Indes: Die Drohung steht nun einmal seit Herbst vergangenen Jahres im Raum, und es ist daher nicht verwunderlich, dass sie gestern dennoch umgesetzt wurde. Ob es nun weitere Maßnahmen geben wird, um den Kapitalfluss nach China abzuwürgen? Ein Schritt, der von vielen Finanzmarktakteuren bereits seinerzeit als gefährlich eingestuft wurde.

Etwaige Folgen für den US-chinesischen Handelskonflikt habe ich damals übrigens HIER ausgeführt. Einmal mehr zeigt sich, dass es für manche Marktteilnehmer durchaus sinnvoll sein mag, mögliche Dollar-Engagements zu überdenken.   Nicht zuletzt deswegen blieb der Euro gefragt, wenngleich der Stabilisierungspunkt nach wie vor erst bei 1,0915/20 zu finden ist.

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen

[1] Es geht bei der Benchmark um den MSCI-All Country World ex-USA Index

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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