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Heute ein Verlierer, morgen ein Sieger?

am
28. März 2017

Hat Donald Trump mit der gescheiterten US-Gesundheitsreform nicht eine krachende Niederlage erlitten? Was ist, wenn aus seinen anderen Wahlversprechen wie etwa der Steuerreform, den Infrastrukturvorhaben oder selbst aus den geplanten Deregulierungsmaßnahmen auch nichts wird? Da durch die geplatzte Gesundheitsreform die erwarteten Einsparungen im Staatshaushalt ausbleiben, mit denen ein großer Teil der Steuerreform finanziert werden sollte, gerät jetzt auch diese in Gefahr, ebenfalls im Kongress zu scheitern.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Aktienbörsen dies- und jenseits des Atlantiks bislang kaum auf diese doch dramatischen Veränderungen der Rahmenbedingungen reagiert haben. Im Gegenteil. Denn man sollte nicht vergessen, dass die Aktienrallye im Anschluss an die US-Präsidentschaftswahl Ende vergangenen Jahres vor allem in Erwartung einer deutlichen Senkung der Unternehmenssteuern eingesetzt hatte. Nun ist fraglich, ob diese im ursprünglich geplanten Umfang überhaupt durchgesetzt werden kann. Denn es dürfte – so ein Kommentator des Wall Street Journal[1] – gerade steuerpolitisch konservativ eingestellten Republikanern schwerfallen, die Reform zulasten einer deutlich höheren Staatsverschuldung durchzuwinken. Wird aus der Steuerreform jedoch nur ein „Reförmchen“, bleiben die mit ihr erhofften Unternehmensgewinne naturgemäß ebenfalls hinter den Erwartungen zurück.

 

Ist Umschichten angesagt?

Man könnte natürlich auch ketzerisch fragen, ob die Börsianer schon ein paar Schritte weiter gedacht haben. Denn eigentlich müssten sie einer Politik Donald Trumps, die trotz eigener Mehrheit im US-Kongress zum Stillstand verurteilt scheint, den Rücken kehren und zumindest einen kleinen Teil aus den als deutlich überbewertet geltenden Aktien in andere Anlageklassen umschichten. Fragt sich nur, in welche. Mehr Aufschluss könnte die morgige Stimmungserhebung der Börse Frankfurt geben, die ich dann HIER kommentieren werde.

Tatsächlich könnte sich die jüngste, vielerorts als Niederlage des US-Präsidenten wahrgenommene Ablehnung der Gesundheitsreform langfristig sogar als dessen Sieg erweisen. Auch wenn der Kongress bei weiteren Vorhaben nicht zustimmen sollte, zeigt sich doch Trumps – wenn auch manchmal als irrational empfundenes – hartnäckiges Streben, etwas bewegen zu wollen. Und deswegen halten ihm viele US-Amerikaner nach wie vor die Treue. Es würde mich also nicht wundern, wenn der US-Präsident angesichts eines anhaltenden juristischen oder innerparteilichen Widerstands gegen seine Vorhaben am Ende die Forderung stellt: „Gebt mir mehr Macht!“

 

[1]Time to Redo the Math on Tax Reform Prospects“ The Wall Street Journal Online, gelesen am 28.3.2017

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3 Kommentare
  1. Antworten

    Gil

    29. März 2017

    Wieso gehen sie von der Annahme aus, dass „die Aktienrallye im Anschluss an die US-Präsidentschaftswahl Ende vergangenen Jahres vor allem in Erwartung einer deutlichen Senkung der Unternehmenssteuern eingesetzt hatte“ – Kann die Rally nicht auch andere Gründe haben? Immerhin befinden sich die Märkte bereits seit 2009 in einem Aufwärtstrend (und das hat bestimmt nicht mit Donald Trump zu tun)- Eventuell wurden Sie mit ihrer Annahme ein Opfer der Ankerheuristik… 😉

    • Antworten

      Joachim Goldberg

      29. März 2017

      Nun ja, zumindest wurden die Argumente Steuerreform, Infrastrukturvorhaben und Deregulierungsmaßnahmen von den Kommentatoren sehr häufig genannt und dürften zumindest eines der landläufigen Kaufmotive gewesen sein. Ich sehe, offen gesagt, den Anker nicht so recht (aber das wäre ja auch typisch 😉 ). Für die Beurteilung des Marktes ist für mich tatsächlich entscheidend, inwiefern die Kommentare/Stimmungen die Marktentwicklung bestätigen oder dieser zuwiderlaufen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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