Investmententscheidungen Märkte

Entgangene Gewinne

am
19. März 2015

Fast 25 Prozent hat der DAX in diesem Jahr an Gewinn auf seinem Konto in der Spitze verbucht, aber viele Anleger und vor allen Dingen Börsenprofis haben dieser Kursentwicklung und der Jagd nach neuen historischen Hochkursen oft nur fassungslos zugesehen. Zum einen, weil es praktisch keine „attraktiven“ Einstiegsniveaus auf diesem Weg nach oben gab. Immer wieder stellte sich die Frage für die Investoren: „Soll ich jetzt, ausgerechnet am höchsten Punkt der Bewegung, kaufen?“ Da ist zum einen die Angst, vor späterer Reue, weswegen man gerne solch knifflige Entscheidungen ein ums andere Mal in die Zukunft verschoben hat. Vielfach haben Marktteilnehmer aber auch nur auf eine technische Korrektur zum Einstieg gewartet und sind für einen psychologischen Vorteil, möglicherweise drei, vier oder auch fünf Prozent unter einem historischen DAX-Hoch zu kaufen, das Risiko eingegangen, einen Markt davonlaufen zu sehen.

Abgesehen davon, dass mit dieser Verhaltensweise die Faustregel, wonach das, was man gewinnen möchte etwa dreimal so hoch sein sollte wie das, was man zu riskieren bereit ist, aufs Gröblichste verletzt wird, kann ich natürlich verstehen, dass die Regretaversion vieler Anleger schlichtweg größer ist als die mögliche Freude über einen riesigen Börsengewinn.

Neben dieser Aversion gegenüber zukünftigen kognitiven Dissonanzen gibt es jedoch noch weitere Einflussfaktoren, weswegen sich viele Menschen nur sehr schleppend zu neuen Entscheidungen durchringen können. Selbst wenn alte Investments – etwa eine Nullverzinsung auf dem Sparbuch – nichts mehr bringen, sorgt nämlich der sogenannte Status-quo-Bias dafür, dass man häufig zu lange am Gewohnten festhält. Grund genug, dass ich mich im Thema des Monats März, das ich wie immer für die WGZ Bank (HIER) bearbeiten durfte, mit dieser Voreingenommenheit gegenüber neuen, möglicherweise profitableren Entscheidungen auseinandergesetzt habe.

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2 Kommentare
  1. Antworten

    Michael

    20. März 2015

    Das KGV des DAX entsprechend der Gewinne von 2014 wäre um 20. (Im Gegensatz zu den Amis gab es in D selten Aktienrückkäufe, aber reichlich Kapitalerhöhungen.) Viel „Wachstum“ ist nicht zu erhoffen. Die Chartistik sieht aus wie 2000. Die Verhaltensforscher würden den sensationellen Anstieg wohl als Endphase einer Hausse deuten. Ein Mittelfristanleger würde, trotz der bestimmt weiter steigenden Kurse, nicht schlecht beraten sein, alle Aktien zu verkaufen, weil die ja „spottbillig“ und „alternativlos“ sind. Da passt wirklich alles für den Beginn eines Crashes in absehbarer Zeit. Das muss nicht dieses Jahr sein, aber das Ende der längsten und steilsten Hausse der letzten 100 Jahre scheint deutlich näher zu rücken.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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