Dollar am Morgen Märkte

Eine kleine Dosis Risikoaversion

am
14. Februar 2020

EUR USD (1,0830)             Nun hat der Euro heute früh den neunten Handelstag hintereinander ein niedrigeres Tagestief markiert und damit naturgemäß auch ein neues 33-Monats-Tief. Diese Bewegung ist nicht übertrieben schnell, aber gemessen an der teilweise niedrigen Volatilität der Monate November bis Januar doch relativ deutlich. Mehr noch: Eine halbwegs signifikante Erholungskorrektur der Gemeinschaftswährung ist seither ausgeblieben.

Und nun kam gestern auch noch der unerwartet hohe Zuwachs der Fälle von Coronavirus-Infizierten aus China hinzu – über 15.000 Neuerkrankungen und eine deutliche Steigerung der Todesfälle wurden registriert. Indes: Wie die Entwicklung an den Aktienmärkten in den USA und zuvor auch hierzulande zeigte, kann bestenfalls von zeitweiser Risikoaversion der Akteure die Rede sein, zumal vorherige Rücksetzer umgehend wieder wettgemacht wurden. Unterdessen gab es für die USA den höchsten Anstieg der Konsumentenpreise seit Oktober 2018 zu vermelden. Aber es schien kaum jemanden zu geben, den diese Zahlen interessierten.

Euro ohne Erholungschance

Es sei nun dahingestellt, ob der Euro wegen der neu aufgekommenen Corona-Angst gestern nicht steigen konnte. Natürlich gab es auch noch entsprechende Nachfrage nach den in Krisensituationen gesuchten Währungen Schweizer Franken und Yen. Allerdings hauptsächlich gegenüber dem Euro. Dabei ist es schon bemerkenswert, wie gelassen die Akteure mit den gestern veröffentlichten Zahlen zur Virusepidemie umgingen.

Natürlich haben die meisten ohnehin damit gerechnet, dass sich die sinkenden Zuwachsraten bei den Erkrankungen nicht fortsetzen würden. Nun also der fünfstellige Zuwachs, mit entsprechenden eigentlich beruhigenden Begründungen. Es ist schon makaber, wenn Kommentatoren den Eindruck vermitteln, dass es sich bei diesen Zahlen ähnlich wie mit ökonomischen Daten verhalte, die nun auf einen Schlag aufgrund geänderter Erhebungsmethoden – diese dürften den meisten Akteuren nicht geläufig und viel zu komplex sein – revidiert werden müssten. Mit anderen Worten: Es soll sich um eine einmalige „Berichtigung“ der Daten handeln, aber der Grundtrend, eine vorsichtige Abnahme bei den Neuinfektionen, sei doch unverändert, war mancherorts zu lesen.  

 

US-Inflationsdaten anscheinend bedeutungslos

Und so wundert es auch nicht, dass der gestern in den USA publizierte Konsumentenpreisindex kaum das Interesse der Marktteilnehmer wecken konnte. Ja, die Preise sind im Januar gegenüber dem Vorjahr um 2,5 Prozent und in der Kernrate mit 2,3 Prozent etwas stärker als erwartet ausgefallen. Zu diesem Desinteresse mag zum einen beigetragen haben, dass die ökonomischen Folgen der Corona-Epidemie derzeit noch nicht absehbar sind. Zum anderen hat die US-Notenbank zuletzt immer wieder klargemacht, dass sie eine asymmetrische Geldpolitik verfolge. Dabei ist die Hürde für weitere Zinssenkungen wesentlich niedriger als diejenige für eine erste Zinserhöhung. Mehr noch: Der Konsumentenpreisindex ist ohnehin nicht das bevorzugte Inflationsmaß der Fed, sondern der Index der privaten Verbrauchsausgaben (PCE).

 

Kurssicherungsbedarf

Was den Euro angeht, mag sich hier und da Unbehagen breitmachen. Denn während der vergangenen Monate war immer zu wieder beobachten, dass Euro-Kursrückgänge über mehrere Tage hinweg an Momentum verloren, gefolgt von einer meist kräftigen Erholung. Diese Art des Abebbens ist dieses Mal bislang ausgeblieben.

Gut möglich, dass mittel-bis langfristig orientierte Marktteilnehmer nun reagieren müssen. Denn wir erinnern uns: Bei der BofA Merrill Lynch-Umfrage unter internationalen Fondsmanagern hielten netto 53 Prozent der Befragten den Dollar für überbewertet (vgl. etwa HIER) Dies war der zweithöchste Wert seit dem Jahr 2002. Viel wichtiger aber: Hinter diesem für überbewertet gehaltenen Dollar könnten sich möglicherweise signifikante Dollar-Short-Positionen, aber auch Euro-Engagements aus dem Ausland, die bis vor kurzem womöglich (nach dem Motto: „Es wird ja mit dem Euro weiter seitwärts gehen“) nicht abgesichert wurden. Damit bleibt der Euro unter Druck und der kurzfristiger Abwärtstrend in Richtung 1,0755/60 erhalten. Eine erste Stabilisierung ist nur nach Überschreiten von 1,0950/55 möglich. Solange

 

 

Hinweis

Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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