Aktienmärkte Dollar am Morgen

Die Rückkehr des Euro-Retters

am
4. Februar 2021

Nun soll er es tatsächlich in Italien richten. Die Rede ist vom früheren EZB-Chef Chef Mario Draghi, der gestern vom italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattaralla das Mandat zur Bildung eines Expertenkabinetts erteilt bekam. Nun soll Draghi, mit dem jeder den Satz „Whatever it takes“ aus dem Jahr 2012 zur Rettung der Eurozone verbindet, ein Kabinett bilden, das auch eine Mehrheit im Parlament bekommt. Auch wenn Draghi noch nicht im Amt ist, sorgte sein ihm vorauseilender Ruf als Retter des Euro für ausgesprochen positive Reaktionen am italienischen Aktienmarkt, insbesondere bei den Bankwerten. Aber auch italienische Staatsanleihen waren gefragt. Mancherorts rechnet man damit, dass die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen auf ein neues historisches Tief sinken werden, sobald ein Expertenkabinett unter Führung Draghis das Vertrauen des Parlaments erhält.

 

Hoffnung auf die Achse Draghi-Lagarde-Yellen-Powell

Aber auch andernorts zogen die Aktienkurse an, da man Mario Draghi nicht nur zutraut, Italien ökonomisch auf Kurs und durch die Pandemie zu bringen. Vielmehr kann man sich gut vorstellen, dass auch die derzeitige EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht auf den Rat Mario Draghis verzichten dürfte, wenn es um die Geldpolitik im weiteren Verlauf der Corona-Pandemie geht. Psychologisch noch wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass eine EZB unter dem indirekten Einfluss Draghis eine ähnliche Politik wie die US-Finanzministerin Janet Yellen und letztlich auch die von Fed-Präsident Jerome Powell verfolgen wird. Im Prinzip knüpfen viele Börsianer die Hoffnung daran, dass sowohl der geld- als auch der fiskalpolitische Stimulus dies- und jenseits des Atlantiks niemals enden wird.

 

Heimische Investoren positiv gestimmt

Nun hat die gestrige Sentiment-Erhebung der Börse Frankfurt gezeigt, dass auch die heimischen Investoren ihre Meinung zum Aktienmarkt von zurückhaltend auf mehrheitlich bullish gedreht haben. Allerdings ist dieser Optimismus, den ich HIER kommentiert habe, nicht auf das Mandat Mario Draghis zurückzuführen, sondern schon ein paar Tage zuvor entstanden. Vielerorts wurde nämlich der Rücksetzer des DAX seit vergangenem Mittwoch in einer Größenordnung von zwischenzeitlich bis zu 3,5 Prozent zu einem Einstieg in den hiesigen Aktienmarkt genutzt. Kein Wunder, dass die Stimmung der Investoren gut ist – besser war sie zuletzt lediglich im November 2018.

 

Euro hält sich erstaunlich gut

Was den Euro angeht, hätte es zumindest fundamental genügend Gründe gegeben, die Gemeinschaftswährung nachhaltiger unter Druck zu setzen. Sei es, dass in einer ersten Schätzung die Inflation im Euroraum im Januar gegenüber dem Vorjahr mit einem Plus von 0,9 Prozent (Kernrate +1,4 Prozent) deutlich stärker als von den Ökonomen im Mittel erwartet ausgefallen ist. Auf der anderen Seite hätte der Dollar auch von den wesentlich besser als erwartet publizierten neu geschaffenen Stellen der privaten Arbeitsmarktagentur ADP profitieren können. Genauso vom besser als prognostiziert ausgefallenen ISM-Einkaufsmanager-Index der Dienstleister.

Setzt man noch das jüngste Verkaufssignal der technisch orientierten Analysten für den Euro gegenüber dem US-Dollar als weiteres Argument obendrauf, muss man sich fast schon wundern, wie schleppend sich die Gemeinschaftswährung in Richtung Süden entwickelt. Noch haben also die Euro Bullen nicht die Reißleine gezogen. Dies wird vermutlich frühestens dann geschehen, wenn an der Unterseite 1,1985/90 (leicht modifiziert) nicht mehr gehalten werden kann. Bis dahin bleibt der mittelfristige Aufwärtstrend auf jeden Fall erhalten, wobei der korrektive Abwärtspfad des Euro (samt seines technisch ungünstigen Umfelds) nunmehr bereits nach Überschreiten von 1,2145 beendet wäre.

 

Hinweis

Die genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 5 Stellen.

 

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Joachim Goldberg
Frankfurt am Main

Seit rund 40 Jahren beschäftigt sich Joachim Goldberg mit dem Zusammenspiel von Menschen und Märkten. Bis heute faszinieren ihn die vielen Facetten, Nuancen, Geschichten, Analysen und Hintergründe, die sich in der weißgezackten Linie auf der großen Börsenkurstafel niederschlagen. Aber erst mit der Entdeckung der psychologischen Einflüsse auf die Finanzmärkte meint der studierte Bankfachwirt und frühere Devisenhändler dem, was die Welt der Finanzen antreibt und bewegt, nahe gekommen zu sein.

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