Die Macht der runden Zahlen
EUR USD (1,1215) Nicht nur Jubiläen und runde Geburtstage gelten als etwas Besonderes. Auch in den Finanzmärkten ist die Magie der runden Zahlen wirksam. Runde Kursniveaus sind einfach zu merken und haben, sobald sie berührt werden, so etwas wie eine Weckfunktion. Vor allen Dingen an den Aktienmärkten wird mit dem erstmaligen Erreichen dieser häufig auch als „psychologisch wichtig“ bezeichneten Niveaus meist etwas Positives verbunden. Wer erinnert sich nicht an den Moment, als eine riesige Sahnetorte in den Börsensaal hineingerollt wurde, nachdem der heimische Aktienindex DAX zum ersten Mal die 10.000er Marke erklommen hatte.
Auch an den Devisenmärkten geht der Glaube an die Zauberkräfte der runden Zahlen um. So sind viele Akteure irrigerweise davon überzeugt, dass die Kurse an diesen Niveaus abprallen und umkehren. Wenn dies in der Vergangenheit tatsächlich geschah, dann war das in erster Linie Zentralbanken zu verdanken, die an solchen Niveaus aktiv wurden und sie manchmal über lange Zeit erfolgreich verteidigten. So gelang es etwa der Schweizerischen Nationalbank (SNB) drei Jahre lang, durch Interventionen zu verhindern, dass der Euro gegenüber dem Franken niedriger als 1,2000 notierte. Vielen Devisenhändlern dürfte aber noch der 15. Januar 2015 in Erinnerung sein, als die SNB die Intervention an diesem Niveau aufgab und der Euro an einem einzigen Handelstag regelrecht kollabierte und zeitweise mehr als 28 Prozent seines Wertes gegenüber dem Franken verlor.
Helle Aufregung um die runde 7
Und nun wurden die Teilnehmer an den Finanzmärkten am Montag in helle Aufregung versetzt, als der chinesische Yuan ebenfalls ein rundes Niveau, die 7,0000er Marke gegenüber dem Dollar, unterschritt. Seit 2008 hatte die chinesische Zentralbank, die People‘s Bank of China (PBOC), dieses Szenario durch geschicktes Währungsmanagement zu verhindern gewusst. Interessanterweise war ausgerechnet die Aufgabe dieses „Managements“ Grund für US-Präsident Donald Trump und dessen Administration, China umgehend offiziell der Währungsmanipulation zu beschuldigen. Dabei hat der Yuan bis heute früh im Vergleich zum Schlusskurs vom vergangenen Freitag nicht einmal 2 Prozent gegenüber dem Dollar an Wert verloren. Aber die Verletzung der psychologisch wichtigen 7,0000er Marke wurde von vielen Akteuren als Symbol der Vergeltung im US-chinesischen Handelskrieg gewertet. Nun spricht man vielerorts von einem Währungskrieg und einem Wechsel der Waffengattung in der handelspolitischen Auseinandersetzung zwischen den USA und China.
Aber die PBOC hat Medienberichten zufolge gestern angeblich ausländischen Unternehmen gegenüber durchblicken lassen, dass sie den Yuan nicht signifikant fallen lassen werde. Und sogleich kehrte eine gewisse Erleichterung bei den Händlern ein. Einen Effekt hat das ganze Manöver auf jeden Fall gehabt. Seine Symbolkraft und eine klare Botschaft an die USA: China erwarte von der USA kein Wohlwollen mehr, erklärte der Herausgeber der chinesischen Global Times, Hu Xijin, der als Sprachrohr der chinesischen Regierung gilt. Gleichzeitig ist nun die Überquerung der 7.0000er Marke ausgestanden, und künftigen Kursentwicklungen in Beziehung zum Yuan dürfte – sofern sie nicht hochvolatil verlaufen – weniger Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Bullards realistische Einstellung
Von den Mitgliedern des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (FOMC), die sich gestern zu Wort meldeten, ist lediglich ein Interview von James Bullard, dem Chef der regionalen Fed von St. Louis, erwähnenswert. Bullard, der vor der vergangenen Sitzung der Fed als erstes FOMC-Mitglied dazu aufgerufen hatte, einen Teil der vier Zinserhöhungen des letzten Jahres rückgängig zu machen, zeigt sich offenbar mit dem derzeitigen Zinsumfeld zufrieden. Aber Bullard machte auch klar, dass die Fed ihre Geldpolitik realistischerweise nicht an einem Handelskrieg mit Gegenschlägen und Retourkutschen ausrichten könne.
Unterdessen konnte der Euro seine Ausgangsbasis vom Vortag gut behaupten und erreichte vorübergehend sogar die Mitte seiner wiederaufgenommenen Seitwärtsentwicklung, deren Grenzen wir zwischen 1,1100/05 (leicht modifiziert) und 1,1370 (1,1410) sehen. Nach wie vor stehen die Chancen für einen Test der oberen beiden Begrenzungen nicht schlecht. Zwar hat US-Präsident Donald Trump Medienberichten zufolge erst unlängst Währungsinterventionen gegen den Dollar ausgeschlossen. Aber sollte es tatsächlich zu einem Abwertungswettlauf kommen, wäre diese Option wahrscheinlich ganz schnell wieder auf dem Tisch.
Hinweis
Alle genannten Preisniveaus verlieren ab einer bestimmten Durchstoßgröße ihre Gültigkeit. Diese beträgt für EUR/USD 10 Stellen.